Flut von Anträgen Verteidiger fordern Aussetzung des Loveparade-Prozesses
Düsseldorf (dpa) - Eine Reihe von Verteidigern hat die Aussetzung des Loveparade-Prozesses beantragt.
Es müssten zuerst 33 Aktenordner zur Loveparade aus dem NRW-Innenministerium hinzugezogen werden, außerdem sämtliche Unterlagen des Untersuchungsausschusses zur Kölner Silvesternacht, forderte eine Anwältin an diesem Mittwoch.
Drittens müsse erst das vollständige Gutachten des neuen Sachverständigen vorgelegt werden. Viertens benötigten die Verteidiger Zeit, um auf die Ausweitung der Anklage reagieren zu können.
„Wir sind nicht soweit, wie sind nicht vorbereitet und das ist schlecht“, sagte ein Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft enthalte dem Gericht offenbar Informationen vor, sagte ein weiterer Anwalt. Das Gericht müsse die Aussetzung zwingend anordnen und habe dabei keinen Ermessensspielraum, behaupteten mehrere Anwälte.
Ein Verteidiger kündigte danach einen 30-seitigen Antrag auf Einstellung des Verfahrens an. Die Verteidiger bestritten zugleich mehrfach den vonseiten der Nebenkläger erhobenen Vorwurf, eine Verzögerungstaktik zu betreiben. Ende Juli 2020 verjähren die Vorwürfe.
Zuvor hatte das Duisburger Landgericht die Kritik der Verteidiger an der Auswahl der Strafkammer zurückgewiesen. Eine mehr als 70 Seiten starke Besetzungsrüge der Anwälte hatte keinen Erfolg, wie der Vorsitzende Richter Mario Plein an diesem Mittwoch bekanntgab. Eine nähere Begründung gab das Gericht nicht.
Verteidiger hatten in dem Schriftsatz behauptet, der Prozess finde vor der falschen Strafkammer statt. Das Oberlandesgericht hätte den Fall demnach nicht an eine andere Kammer übertragen dürfen. Damit sei das Prinzip des gesetzlichen Richters verletzt worden. Nach der Entscheidung des Gerichts stellte ein Anwalt umgehend eine neue Besetzungsrüge.
Der Prozess findet aus Platzgründen im Kongresszentrum der Düsseldorfer Messe statt. Beim Loveparade-Unglück am 24. Juli 2010 waren im dichten Gedränge mehrerer Zehntausend Menschen am einzigen Zu- und Abgang 21 Menschen erdrückt und mindestens 652 verletzt worden.
Den zehn Angeklagten wird in dem Verfahren fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Anklage wirft ihnen schwere Planungsfehler vor, die zu einer rechtswidrigen Genehmigung des Techno-Musikspektakels geführt hätten. Sicherheitsrelevante Auflagen seien nicht beachtet und umgesetzt, die Einhaltung nicht kontrolliert worden.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Anklage die Zahl der mindestens 652 Verletzten aus prozessökonomischen Gründen auf 18 Fälle beschränkt. Das Gericht befand aber, dass auch sämtliche Verletzungen der Nebenkläger Teil der Anklage sind. Das Landgericht hatte beim Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung die Zahl der Fälle von 18 auf 33 beziehungsweise 50 Fälle ausgeweitet.