70 Jahre NRW Michael Ruppert: 70 Jahre zu Hause im bergischen Grenzland
Heimatliche Gefühle verspürt Michael Ruppert, wenn er die Schwebebahn hört. Heute vertritt er den Landrat des Kreises Mettmann.
Düsseldorf/Haan. Politiker bei der FDP zu sein ist mitunter ein hartes Brot. Michael Ruppert kann davon ein Lied singen. Nach seinem Studium, Politik und Sozialwissenschaften, war er u.a. für Öffentlichkeitsarbeit der Landes-FDP und später für Erwachsenenbildung der parteinahen Wolfgang-Döring-Stiftung zuständig. Er war Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Wuppertal und von 1985 bis 1995 Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Am 14. Mai 1995 wurde die FDP mit 4,01 Prozentpunkten abgewählt. Michael Ruppert: „Da war Sense.“ Was er mit nach Hause nahm aus seinem Abgeordneten-Büro, passte gut in den Kofferraum seines Autos.
Heute lebt Michael Ruppert in Haan, ist Fraktionsvorsitzender der FDP im Rat der Stadt und seit 2009 Erster Stellvertreter des Landrates im Kreis Mettmann. Der Landrat ist gewählter Chef der Verwaltung. Sein Stellvertreter, gewählt aus der Mitte des Kreistages, nimmt Repräsentationstermine wahr - Ehrungen, Grußworte, Führung bei Kreis-Rundfahrten. Die sind hilfreich für das Wir-Gefühl, denn „der Kreis Mettmann ist 1975 im Rahmen der Kommunalen Neugliederung aus uneinheitlichen Gebieten zusammengesetzt worden.“
Sich selbst bezeichnet Michael Ruppert als Bergischen. Aber einen Bergischen aus der Grenzregion: „Haan zum Beispiel ist noch bergisch, Hilden schon rheinisch.“ Die Unterschiede hörte man früher an der Sprache: In Wuppertal sagte man für „ich“ und „dich“ eck und deck, in Velbert ech und dech. Heute, bedauert Ruppert, „wird Dialekt meist nur noch in den Heimatvereinen gepflegt.“
Heimatliche Gefühle kommen in Michael Ruppert auf, wenn er die Schwebebahn hört und sieht. Als Kind, bei seinen Großeltern an der Tiergartenstraße, war das quietschende Fahrgeräusch noch unüberhörbar. Heute werden die Züge von Generation zu Generation leiser. Für Ruppert ist die Schwebebahn „ein tolles Beispiel für gelungene Verkehrs-Infrastruktur. Heutzutage wäre so etwas nicht mehr möglich.“
Als FDP-Kreisvorsitzender hat Michael Ruppert in vielen Wahlkämpfen den Wuppertaler Bundestagsabgeordneten Hans-Dietrich Genscher begleitet. „Der war ein begnadeter Erzähler und konnte gut mit Menschen umgehen. Dabei wusste er immer, was er wollte.“ Genscher steht für Ruppert auf einer Vorbild-Stufe mit Johannes Rau, Kurt Biedenkopf „und dem nach außen hin drögen Franz Müntefering. Zu dem konnte ich auch als Oppositionspolitiker immer hingehen.“
Inzwischen ist die FDP wieder drin im Landtag und Ruppert, Mitglied im Verein der Ehemaligen, kann sich mit seinem Hausausweis im Parlamentsgebäude bewegen und mit Parteifreunden austauschen. Im Bund, schätzt er, hat sich die liberale Partei bei sechs Prozent stabilisiert. Er hofft auf einen Neuanfang im Bundestag 2017 - aber aller Anfang ist schwer: „Wir haben in Berlin seit drei Jahren keine Abgeordneten mehr, die durch Fachlichkeit glänzen können.“
Was hat sich verändert in all den Jahren? Michael Ruppert: „Wir haben viel zu lange an der Kohlesubvention festgehalten und viel zu wenig Aufgeschlossenheit für moderne Entwicklungen gezeigt. Uns fehlt zum Beispiel die Bereitschaft, Chemie und Gentechnik zunächst einmal positiv zu sehen.“
Mit dieser Verfehlung einher gehen nach Rupperts Einschätzung Fehlentwicklungen in der Bildungspolitik, die schon beim Kindergarten beginnen. „Wir geben im Vergleich weniger für unseren Nachwuchs aus als andere Bundesländer. Die Leistungskraft der Wirtschaft wird schlechter, aber die Abi-Noten werden besser. Das darf man nicht nur positiv sehen.“ Sondern auch so: Die Quote der Studienabbrecher, so Ruppert, liegt über 30 Prozent. „Viele junge Leute werden auf einen falschen Ausbildungsweg gelockt.“
Leidtragender, so Ruppert, ist das Handwerk, das so viele anspruchsvolle Berufe zu bieten habe. „Und die Hauptschulen. Immer mehr werden zugunsten von Gesamtschulen aufgegeben. Die haben das Abitur zum Ziel. Wir brauchen starke Hauptschulen, die diejenigen motivieren, denen das Theoretische nicht gegeben ist.“
Und dann ist da noch der Fußball, Michael Rupperts große Leidenschaft. Er hat in den Mannschaften der Bergischen Sportpresse und des Landtags gekickt. Aus Tradition ist er dem Wuppertaler SV treu, ist nach wie vor Mitglied im Ehrenrat des Clubs. In der Bundesliga schlägt sein Herz für Borussia Mönchengladbach.
Am Bazillus Fußball hat er sich im Jahr 1954 infiziert, beim legendären Endspiel von Bern. „Als die Radioübertragung begann, stand es schon 2:0 für Ungarn“, erinnert sich Ruppert. Der Ausgang ist bekannt. Deutschland wurde mit 3:2 Weltmeister.