70 Jahre NRW Die zwei kulinarischen Seiten des Landes

NRW bietet bei den Gerichten viele Besonderheiten. Ob süß, sauer oder herzhaft — für jeden ist etwas dabei.

Foto: dpa

Düsseldorf. Essen wird in Nordrhein-Westfalen groß geschrieben. Und das in allen Variationen. Vom Brauhaus bis zum Sterne-Restaurant sind der Gastronomie beinahe keine Grenzen gesetzt. Dicht an dicht drängen sich die Lokale, die sich zwar international ausrichten und präsentieren, die regionalen Spezialitäten dabei aber nicht aus den Augen verlieren.

Foto: dpa

Gleich 38 Restaurants in NRW wurden in diesem Jahr mit dem begehrten Michelin-Stern für ihre Kochkunst ausgezeichnet, vier Restaurants erhielten zwei Sterne und eins (Vendôme in Bergisch Gladbach) sogar drei. Eine Vielzahl ausgezeichneter Restaurants findet sich in der Landeshauptstadt wieder. Gleich sechs Lokale erhielten hier einen Michelin-Stern, das Restaurant „Im Schiffchen“ erhielt sogar zwei. Doch auch wer lieber auf dem Boden der kulinarischen Tatsachen bleiben möchte, wird auf regionale Gerichte stoßen, die er voll und ganz genießen kann.

Flönz, Halver Hahn, Himmel und Äd, Panhas, Pickert, Potthast, Struwen oder auch Töttchen sind typisch für die regionale Küche, wenngleich die Begriffe nicht jedem Rheinländer oder Westfalen ein Begriff sind. Überschneidungen gibt es zwischen rheinischer und westfälischer Küche durchaus. Struwen und Pickert beispielsweise ähneln sich, wie Manfred Wöstmann vom Verein Slow Food Münster erklärt. Und dennoch unterscheide sich das Gericht. Denn während Struwen in Westfalen mit Mehl, Milch, Hefe, Zucker, Rosinen, Ei und Salz gebacken wird, bekommt Pickert in Ostwestfalen-Lippenoch eine große Portion Kartoffeln dazu. Gegessen wird das Gebäck dann mit süßem oder herzhaften Aufstrich.

„In Westfalen wird traditionell eher Fleisch als Fisch gegessen“, berichtet Wöstmann. Dies sei auch durch die strukturellen Begebenheiten zu erklären, schließlich sei Westfalen noch viel von Bauern und deren Höfen geprägt. „Besonders früher wurde bei der Viehzucht alles verwertet“, beschreibt Wöstmann die regionale Spezialität „Töttchen“. Ein Eintopf, bei dem auch Innereien wie Lunge und Herz vom Rind mit Zwiebeln und Essig zu einem süß-sauren Ragout verkocht werden. „Heutzutage wird das Gericht aber in vielen Restaurants abgewandelt. Anstelle der Innereien gibt es Kalbsfleisch.“

Spezialitäten des Münsterlandes seien außerdem Käse, Schinken, Bier, Schnaps und Brot — vorzugsweise Pumpernickel. Das Schwarzbrot gibt es aber auch im Rheinland, wie Wöstmann anmerkt. „Doch scheiden sich in den Regionen die Geister daran, ob Zuckerrübensirup nun hineingehört oder nicht.“ Fest steht nur, dass sich mit Schwarzbrot zahlreiche Gerichte kreieren lassen. Von der Vorspeise bis zur Nachspeise ist beinahe alles möglich. In Westfalen gibt es sogar Pumpernickelsauce, die zum Sauerbraten serviert wird. Der ist in abgeänderter Form auch eine absolute Spezialität des Rheinlandes. Früher wurde er aus Pferdefleisch gekocht und mit Klößen und Rotkohl auf den Teller gebracht. Heute wird er vielfach mit Rindfleisch zubereitet, doch einzelne rheinische Lokale bieten ihn auch noch nach traditioneller Art an.

Große Veränderungen hat es dagegen bei „Himmel und Erde“ nicht gegeben. Das Gericht aus Kartoffelpüree und Apfelmus wird zwar in ganz NRW gegessen, aber auch hier zeigen sich feine Unterschiede. Während es im Rheinland gerne mit Flönz, also mit geräucherter Blutwurst, serviert wird, gibt es in Westfalen gerne einmal eine schöne Bratwurst dazu.