Bundestagswahl 2017 Die Hauptstadt befindet sich im Wahlfieber
Die Parteien bereiten in Berlin ihre Wahlpartys vor. Ob es für jeden etwas zu feiern gibt, ist noch offen.
Berlin. Martin Schulz (SPD) wird morgen um zehn Uhr im Rathaus seiner Heimatstadt Würselen erwartet, um seine Stimme abzugeben. Angela Merkel (CDU) wiederum lässt sich mit dem Wählen noch etwas Zeit; die Kanzlerin will erst um 14.30 Uhr in der Mensa-Süd in Berlin-Mitte ihre Kreuzchen machen. Anschließend heißt es für die beiden Kanzlerkandidaten und alle anderen: hoffen und bangen.
Obwohl auch noch der Berlin- Marathon stattfindet, befindet sich die Hauptstadt im Wahlfieber. Das gilt auch für einen der wichtigsten Menschen anlässlich des Urnengangs: für Bundeswahlleiter Dieter Sarreither. Er hat seine Zelte im Reichstag aufgeschlagen. Im westlichen Teil der Abgeordnetenlobby wird er um 15.30 Uhr vor die Kameras treten und das Zwischenergebnis bei der Wahlbeteiligung bekannt geben. Wenn im Laufe des Abends alle Resultate aus den 299 Wahlkreisen eingelaufen sind, dürfte Sarreither in den frühen Morgenstunden das vorläufige amtliche Endergebnis verkünden.
Dann ist bei so mancher Wahlparty schon längst das Licht aus, vor allem bei den Parteien, die unter ihren Erwartungen geblieben sind. An einigen Veranstaltungsorten wurden gestern noch Kabel verlegt, Bildschirme und Kameras installiert und große Zelte aufgebaut, damit möglichst viele Anhänger untergebracht werden können. So wie rund um das Konrad-Adenauer- Haus der Union. Rund 3000 Gäste erwartet die Partei der Kanzlerin. Am Nachmittag werden sich das Präsidium und Teile des CDU-Vorstands im fünften Stock um Merkel versammeln, um die ersten Prognosen und Hochrechnungen zu verfolgen.
Die SPD hat das Willy- Brandt-Haus erweitert, weil sonst nur rund 1000 Besucher Platz hätten. Die angrenzende Stresemannstraße wurde daher zur Zeltstadt umgebaut, sodass die Genossen nun 2500 Gäste unterbringen können. Die komplette SPD-Spitze wird sich um Martin Schulz scharen, der gegen 16 Uhr erwartet wird. Schulz wird entweder in seinem Büro in der fünften Etage oder im Präsidiumszimmer im sechsten Stock die Hochrechnungen der TV-Sender verfolgen.
Dann heißt es, eine „Sprachregelung“ für die Bewertung des Ergebnisses zu finden. Und vielleicht schon Vorentscheidungen zu treffen, wie es personell und politisch weitergeht. Die Grünen machen „eine Party für alle, wer kommt der kommt“, so ein Sprecher. Knapp 1000 Besucher passen in die alte Kindl-Brauerei „Vollgutlager“ in Neukölln. Es wird Live-Musik geben und später wird ein DJ auflegen — wenn der Anhängerschaft dann noch zum Tanzen zumute ist. Die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir kommen erst nach 18 Uhr hinzu. Gemeinsam wollen die beiden in einem nahen Hotel die Prognosen verfolgen.
Auch die Linke feiert nicht in ihrer Parteizentrale: Sie hat den Festsaal Kreuzberg angemietet, wo sonst Hip-Hopper und Rockmusiker auftreten. Spitzenkandidat Dietmar Bartsch wird um 18 Uhr bereits im ARD-Hauptstadtstudio sein, um an einer Diskussionsrunde teilzunehmen.
Die AfD feiert im „Traffic Club Berlin“ am Alexanderplatz. Laut Sprecher Lüth liegen bereits 600 Anmeldungen von Journalisten vor; nur 150 können rein. Man bemühe sich, das „so ausgewogen wie möglich“ zu entscheiden. Laut Grundgesetz hat der Bundestag nach der Wahl 30 Tage Zeit, um sich zu konstituieren. Bis dahin, heißt aus der Verwaltung, werde geklärt sein, wo die AfD im Parlament ihren Platz haben wird. Keiner der anderen möchte neben den Rechten sitzen. Die ersten Sitzungen der neuen Fraktionen werden in der kommenden Woche stattfinden.
Bleibt noch die FDP: 1500 Gäste wollen mit den Liberalen in ihrer Berliner Parteizentrale jubeln. Bei Würstchen, Buletten und Kartoffelsalat. Gelingt der Wiedereinzug in den Bundestag, droht hier wirklich eine Party bis zum Morgengrauen.