Wie sicher ist die Rente wirklich?

Viele Menschen in Deutschland glauben nicht daran, dass sie allein von den staatlichen Bezügen leben können. Doch die Alternativen sind dürftig.

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Düsseldorf. „Denn eins ist sicher: Die Rente“ — der Satz von Helmut Kohls ewigem Arbeitsminister Norbert Blüm (1982 bis 1998), mit dem er 1986 in den Wahlkampf zog, ist unvergessen. Seit einigen Jahren wird er allerdings meist spöttisch benutzt — oder er muss ergänzt werden: Die Rente ist sicher, aber reicht sie auch zum Leben aus?

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Vielen Arbeitnehmern kommen immer mehr Zweifel. Erst recht, nachdem die Bundesregierung unter Gerhard Schröder die Eigenverantwortung deutlich stärkte und die Bürger zu mehr privater Vorsorge verpflichtete, indem die staatliche Rente zurückgefahren wurde. Blieb aus Kohls Ära das Blüm-Zitat, so war es bei Schröder die Riester-Rente, benannt nach dessen Arbeitsminister Walter Riester. Neben der staatlichen Rente sollte die private Säule dafür sorgen, dass die Menschen auch im Ruhestand ihren Lebensstandard halten können. Millionen Deutsche schlossen die staatlich geförderten Verträge bei den Banken ab, diese strichen Vermittlungsprovisionen bei den Versicherern ein, am Ende sollte sich für die Sparer alles über die gute Verzinsung rentieren.

Doch mit der Lehman-Pleite im September 2008 und der anschließenden Finanzkrise geriet das System ins Rutschen. Schrittweise senkte die Europäische Zentralbank den Leitzins von 4,25 Prozent auf das historische Tief von 0,25 Prozent. Die Banken kommen so günstig an Mittel, um den Geldfluss und die Kreditvergabe für Unternehmen am Laufen zu halten. Doch die Leidtragenden sind die Sparer. An allen Fronten: Anstatt sich zu vermehren, wird das Sparguthaben von der Inflation aufgefressen. Die Betriebsrenten und Lebensversicherungen werfen kaum Erträge ab, weil auch deren Manager keine sicheren und zugleich relativ gewinnträchtigen Anlageformen mehr finden. Die private Rentenvorsorge, die einst politisch gewollt war, um den Staat und seine Haushaltskassen zu entlasten, wird nun finanzpolitisch untergraben.

Das sorgt für tiefe Verunsicherung bei den Arbeitnehmern in Deutschland: Jeder dritte Berufstätige beklagt nach einer Studie der Postbank die niedrigen Zinsen. In einem zweiten Schritt entscheiden sich viele dazu, das verdiente Geld nicht mehr in die Altersvorsorge, sondern lieber in den Konsum zu stecken. 47 Prozent wollen demnach ihre private Altersvorsorge nicht weiter ausbauen. So viele wie nie in den vergangenen zehn Jahren. Zugleich gehen neun von zehn der Befragten davon aus, dass Altersarmut schon heute weit verbreitet ist und durch die Zinslage künftig sogar noch deutlich zunehmen wird.

Die Konsequenz ist aus Sicht vieler Menschen bestechend einfach: Der Staat muss schnell handeln. Entweder muss die Politik die Abkürzung aus dem Zinstal einschlagen oder die staatliche Rente wieder ausbauen. Sollten die Politiker nicht handeln, könnten sich die Bürger doppelt zurückgesetzt fühlen. Zum einen, weil sie in Vorsorgeverträge gedrängt wurden, die den Banken dicke Provisionen verschafften und zum anderen, weil dann die Zinsen gesenkt wurden, um Banken und Konjunktur zu retten — auf Kosten der Sparguthaben der Bürger und deren Vorsorge. Red