8:0 kein Maßstab - Neid warnt vor Nigerias Stärken

Frankfurt/Main (dpa) - Im bisher letzten Duell stolperten die Nigerianerinnen noch frierend und lustlos über den Rasen, doch auf ihrer zweiten WM-Etappe zum angestrebten Titel rechnen Deutschlands Fußball-Frauen mit heftiger Gegenwehr.

„Das Spiel wird kein Vergleich zu der Partie in Leverkusen sein. Sie haben mit uns noch eine Rechnung offen und wollen Revanche für das 8:0“, warnte Silvia Neid am Mittwochabend vor dem Abschlusstraining der deutschen Mannschaft.

Neid bereitete ihr Team auf ein „ganz schweres Spiel“ gegen den Afrikameister an diesem Donnerstag in Frankfurt vor. „Nigeria ist sehr robust und zweikampfstark. Da kommt es darauf an, dass wir dagegenhalten und möglichst selbst zum Torerfolg kommen“. Die Marschroute ist klar: „Wir wollen den zweiten Sieg einfahren, aber wir brauchen eine sehr gute Teamleistung.“

Nach dem noch etwas holprigen 2:1-Auftakt gegen Kanada könnten Birgit Prinz und Co. im Jubiläumsspiel von Torhüterin Nadine Angerer mit einem Sieg vorzeitig den Viertelfinaleinzug perfekt machen. Voraussetzung ist aber, dass Frankreich nach dem 1:0 gegen Nigeria zuvor in Bochum Kanada bezwingt. Dass die Afrikanerinnen ihre erste Partie verloren haben, mache die „Aufgabe nicht leichter“, betonte Neid. „Zudem stehen sie mit dem Rücken zur Wand.“

Beim 8:0 im vorigen November hatte die DFB-Elf Nigeria regelrecht auseinandergenommen. Die DFB-Elf führte durch Tore von Inka Grings (2) sowie Kerstin Garefrekes und Prinz schon nach 19 Minuten mit 4:0. Und die bei Schneeregen bibbernden „Super Falcons“ ließen geschlaucht vom gerade gewonnenen Afrika-Cup die Flügel hängen. „Sie haben richtig gefroren“, erinnert sich Kim Kulig fast mitleidig.

Bei erwarteten Temperaturen von rund 17 Grad am Spielabend wird der Gegner zumindest keinen Vorteil aus den in den Vortagen herrschenden „nigerianischen Verhältnissen“ (Angerer) ziehen. Der Wunsch der DFB-Torhüterin in ihrem 100. Länderspiel dürfte sich nach den Wetterprognosen allerdings auch nicht erfüllen. „Ich steh' auf Regen“, sagte Angerer, die am Mittwoch gemeinsam mit Fatmire Bajramaj noch einen kurzen Ausflug auf die Fanmeile am Main unternahm.

Gegen die pfeilschnellen, technisch versierten und athletischen Nigerianerinnen setzt die DFB-Elf auf die Stärken, die gegen Kanada noch vermisst wurden. „Wir wollen besser Fußball spielen und unsere Torchancen konsequent nutzen“, erklärte Neid. Die 47-Jährige dürfte kaum personelle Änderungen planen und dieselbe Startelf ins Rennen schicken wie gegen Kanada, auch wenn in Inka Grings oder Alexandra Popp weitere Offensiv-Kräfte auf ihren Einsatz brennen.

Ob Spielführerin Prinz wie in Berlin in der für sie nicht mehr gewohnten Rolle als Stoßstürmerin vor der aufstrebenden Celia Okoyino da Mbabi agiert, ist offen. Den Shootingstar, der gegen Kanada das 2:0 erzielte, lobte Neid jedenfalls in den höchsten Tönen. Okoyino da Mbabi sei seit Wochen in hervorragender Form: „Sie ist lauffreudig, torgefährlich, hat einen guten Schuss und ist zweikampfstark. Im Moment ist sie sehr wichtig für uns.“

Prinz sieht sich selbst eher als Gestalterin denn als Vollstreckerin. „Meine Rolle ist es längst nicht mehr, ständig die Dinger reinzumachen“, betonte die 33-Jährige im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Mein Anspruch war schon immer, auch Tore vorzubereiten und mitzuspielen, statt vorne drin zu stehen.“

Dass das Team von Trainerin Ngozi Uche durch die Hilfe des ehemaligen Bundesliga-Coaches Thomas Obliers an Struktur gewann, muss nicht unbedingt ein Nachteil für den zweimaligen Weltmeister sein. Inzwischen agiert Nigeria im 4-4-2- oder 4-2-3-1-System und nicht mehr mit „Manndeckung“ und „Libero“. Obliers habe „taktisch gut gearbeitet. Man sieht seine Handschrift“, lobte Neid. Nach Ansicht von Co-Trainerin Ulrike Ballweg ist Nigerias Spiel aber auch ein Stück durchschaubarer geworden, weil die Akteurinnen nicht mehr wild durcheinander über den Rasen laufen.

Obliers kennt zahlreiche deutsche Nationalspielerinnen durch seine jahrelange Arbeit beim FCR Duisburg und in Bad Neuenahr. Man gehe mit „neuem Selbstbewusstsein“ in das Spiel, doch die Siegchancen schätzt er auch angesichts der mageren Bilanz von bisher sechs Niederlagen (2:21 Tore) gegen Deutschland realistisch ein. „Respekt werden sie haben vor uns, aber sie haben keinen Grund sich zu fürchten.“