Sollten die DFB-Frauen ihren Hintern vermarkten?
Berlin (dpa) - „20Elf von seiner schönsten Seite“ lautet der Slogan der Frauenfußball-WM. Mit Werbekampagnen und Fotos im Playboy machen die Nationalspielerinnen diesem Versprechen derzeit alle Ehre.
Ob es aus sportlicher Sicht für die Damen sinnvoll ist, ihren Hintern zu vermarkten, erklärt Soziologin und Geschlechterforscherin Nina Degele von der Uni Freiburg im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Warum werben die DFB-Frauen dieses Jahr so sehr mit ihren weiblichen Reizen?
Degele: „Sie stehen unter einem wahnsinnigen Erfolgsdruck. Frauen müssen ihre Daseinsberechtigung auf dem Platz immer noch beweisen. Vor diesem Hintergrund lässt sich verstehen, dass sie sich da Weiblichkeitszwängen konfrontiert sehen. Wenn Männer attraktiv sind, dann ist das immer kongruent mit ihrem Fußballer-Sein. Bei Frauen steht es im Widerspruch dazu. Bei ihnen werden Muskeln und Schweiß nicht als attraktiv, sondern als zu krass oder unästhetisch angesehen.“
Birgit Prinz hat einmal gesagt: „Wir wollen unseren Sport vermarkten, nicht unseren Hintern.“ Inwieweit ist das derzeitige Vorgehen der Nationalspielerinnen sinnvoll?
Degele: „Das ist eine ganz haarige Angelegenheit. Dahinter steht die Hoffnung, dass man seinen Hintern verkauft und der Fußball-Rest dann auch geschluckt wird. Wenn es darum geht, dass sich mehr Menschen für Frauenfußball interessieren, ist es eine gute Strategie, erstmal Aufmerksamkeit zu erregen. Man muss aber aufpassen, dass man nicht von vornherein aufs falsche Pferd setzt und Vorurteile zementiert. Damit werden männliche Projektionen aktiviert und angesprochen, die nach hinten losgehen können.“
Warum müssen Frauen überhaupt noch auf ihren Fußball aufmerksam machen?
Degele: „Fußball ist sehr früh zu einem reinen Männersport gemacht worden. Was das Spielen angeht, haben sich Frauen zwar schon etabliert, was die Strukturen angeht, aber nicht. Seit Frauenfußball in den 70er Jahren erlaubt wurde, werden Frauen als Eindringlinge wahrgenommen. Das spiegelt sich immer noch darin wider, dass es im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten Fußball und Frauen-Fußball heißt.“
Warum ist das so?
Degele: „Grund ist die enge Verbindung von Männlichkeit und Fußball. Wer an Fußball denkt, denkt automatisch an Männer und das Abweichende muss als Abweichendes kenntlich gemacht werden. Fußball ist die unangefochtene Großmacht in Deutschland. Wenn die wichtigste Sportart der Deutschen historisch so stark mit Männern verknüpft ist, ist es nicht verwunderlich, dass Frauenfußball erstmal nicht als gleichwertig angesehen wird.“