Kanada 2015 Vergleiche zu 2011 sind bei den DFB-Frauen nicht erwünscht
Montréal. Die Bundestrainerin persönlich hatte alles vorbereitet. Schritt für Schritt zählte Silvia Neid ab, um die blauen Hütchen auf dem weichen Kunstrasenplatz vor dem längst noch nicht fertig gestellten Stade de Soccer von Montreal auszulegen.
Ein weiteres merkwürdiges Areal, auf das die deutsche Frauen-Nationalmannschaft entsandt wurde, um ihre Trainingseinheiten abzuhalten. Überall Bretterzäune, Baugerüste und Bagger, denn das Prestigeprojekt mit seinem verglasten Hauptgebäude hinkt dem Zeitplan hinterher.
Was wiederum nun dazu geführt hat, dass eine Übungsstunde vor dem morgigen Viertelfinale Deutschland gegen Frankreich (22 Uhr MESZ/live ZDF) erst mit Verzögerung beginnen konnte. Obwohl ja alles vorbereitet war. Doch nach einer halbe Stunde Busfahrt aus der City von Montreal verspürte die halbe deutsche Mannschaft ein dringendes Bedürfnis. Doch was tun, wenn die halbfertige Umkleide nur eine einzige Toilette hat? Immerhin: Ohne peinlichen Zwischenfall haben die deutschen Fußballerinnen auch das Problem gemeinsam lösen können. Es soll ja Zeiten gegeben haben, da ging es beim zweifachen Weltmeister nicht immer so unverkrampft zu.
Beispielsweise hat Alexandra Popp ziemlich konkret erklärt, was sich im Vergleich zu dem Viertelfinal-Aus vor vier Jahren geändert habe. Nämlich eigentlich alles. Das aktuelle Aufgebot sei mental stärker, intern gefestigter und fußballerisch besser, „es sind all diese Komponenten“, so die „Fußballerin des Jahres“. Linksaußen Popp bildet gemeinsam mit Simone Laudehr und Anja Mittag jene lauf- und einsatzfreudige Dreierreihe, die den Gegner bereits früh unter Druck setzt. Ob dieses kraftraubende Pressing sich gegen ein solch spielintelligentes Team durchhalten lässt? Popp kann das schwer abwägen: „Wir dürfen die Klappe nicht zu weit aufreißen. Frankreich hat eine hochkarätige Mannschaft.“
„Wir müssen von Anfang an Präsenz zeigen und mit Leidenschaft auftreten. Es wird entscheidend sein, dass wir Frankreich nicht ins Spiel kommen lassen“, verlangt Neid, die anstelle der gesperrten Saskia Bartusiak in der Innenverteidigung Babett Peter aufbieten wird.
Auf dem vor der WM neu verlegten Kunstrasen des Olympiastadions von Montreal wird sich die DFB-Auswahl so gewiss nicht abkochen lassen, muss sich aber auf ein absurdes Ambiente einstellen. Der Oberrang in dem baufälligen, notdürftig überdachten Monument im Olympiapark bleibt komplett gesperrt, der Unterrang wird weitgehend von frankophonen Unterstützern besetzt sind. Macht aber alles nichts. „Das hat etwas von Indoor-Soccer“, glaubt Torjägerin Celia Sasic. „Ist doch cool, wenn ein ganzes Stadion gegen uns ist“, meint Popp.
Und beinahe lässig wischte Laudehr beiseite, dass Frankreichs Frauen angekündigt haben, ihre Männer für die 0:1-Niederlage im Viertelfinale von Rio de Janeiro rächen wollen. „Da denke ich jetzt zum ersten Mal drüber nach“, erklärte die Dauerläuferin überrascht. „Hier haben wir die Frauen-WM. Gucken wir doch mal, wie das ausgeht.“