Erleichterter Bach nach erster großer Bewährungsprobe
Sotschi (dpa) - Thomas Bach lächelte erleichtert und zufrieden. Die erste Bewährungsprobe seiner knapp fünfmonatigen Amtszeit hat der deutsche IOC-Präsident überstanden. Die Resonanz sei von allen Beteiligten sehr positiv gewesen, erklärte er zum Abschluss der Olympischen Winterspiele in Sotschi.
„Die Spiele haben in vielen Bereichen Rekorde aufgestellt“, betonte Bach und lobte die „unglaubliche Verwandlung“ des Kurorts in den vergangenen Jahren von einem „stalinistischen Sanatorium“ in ein ganzjährliches, modernes Touristen- und Kongresszentrum. Über die damit verbundenen Umweltsünden sprach er nicht.
Olympia-Kritiker behaupten, die prachtvollen Sportstätten würden nach den Spielen verfallen. Selbst Wladimir Putin schloss nach der 51-Milliarden-Dollar-Investition für die Erneuerung Sotschis eine zusätzliche finanzielle Unterstützung aus. Bach zeigte sich zuversichtlich über eine weitere Nutzung der Olympia-Anlagen: „Jetzt wird es wichtig sein, die Nachhaltigkeit dieser Spiele zu sichern. Ein paar Schritte sind bereits eingeleitet, die Formel 1 und die Fußball-WM 2018 werden hier zu Gast sein.“ Die tolle Bilanz der ersten Winterspiele in Russland bedeute aber nicht, dass das IOC in Zukunft immer in neue Regionen und neue Märkte gehen werde.
Bach wurde bei den Sotschi-Spielen fast wie ein Superstar gefeiert. Bei seinen Wettkampf-Besuchen musste er ständig Autogramme schreiben oder für Fotos posieren, aber hinter den Kulissen türmen sich die Schwierigkeiten auf. Als Folge der problematischen Allianz mit Russlands Präsident droht dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ein schleichender Bedeutungsverlust. „Herr Putin hat bei der Vorbereitung der Spiele eine wichtige Rolle gespielt. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, würden wir hier nicht in einer solchen Stimmung sitzen“, sagte Bach bei seinem Auftritt vor der Weltpresse.
Der Balanceakt zwischen öffentlicher Verteidigung der Putin-Spiele und der Selbstbehauptung als eigenständige Instanz wurde mit zunehmender Dauer des olympischen Großereignisses immer schwieriger. Von der unberechenbaren Politik des Kremlchefs und den Konsequenzen daraus konnten sich Bach und das IOC nicht überzeugend distanzieren.
Putin konnte die olympische Bühne unbehelligt zur Selbstdarstellung nutzen und gefährdete durch seine politischen Manöver auch die Autonomie des Sports. Der Ex-Geheimdienstchef gilt bei der Gewalteskalation in der Ukraine als der Strippenzieher im Hintergrund und trat gleichzeitig in Sotschi als großzügiger Gastgeber auf. In dieser Zwickmühle wurde die Ringe-Organisation zum Spielball - und machte dabei in der Öffentlichkeit eine unglückliche Figur.
Bach verurteilte - auch in Putins Anwesenheit - Diskriminierungen jeglicher Art und forderte Politiker auf, ihre Botschaften nicht auf dem Rücken von Athleten auszutragen. Eine konkrete Positionierung des IOC als unabhängige Kraft in moralischen Fragen blieb er schuldig. Oder er schickte zur Deeskalation IOC-Sprecher Mark Adams vor. Kritiker warfen ihm diese Zurückhaltung als Kneifen vor.
„Herr Putin hat die olympische Charta immer respektiert. Ich kann mich nicht an eine einzige Aktion erinnern, bei der er die Grenzen überschritten hätte“, meinte Bach am Sonntag. Auf die Frage, ob er nachhaltigen Schaden für das IOC durch die Nähe zu Putin befürchte, antwortete er: Es sei für jeden Gastgeber legitim, das jeweilige Großereignis positiv für sich zu nutzen. Dies habe auch Deutschland bei der Austragung der Fußball-WM 2006 gemacht.
„Der Erfolg Olympischer Spiele hängt davon ab, dass man authentisch ist“, meinte der 60 Jahre alte Jurist aus Tauberbischofsheim. Die vielzitierte Wahrnehmung des Kanadiers Michael Lambert konnte er damit nicht entkräften. „Diese Dinge sind real und existieren weiterhin. Wir sehen sie nur nicht, weil wir uns in einer Blase befinden. Sie wollen uns komplett von all dem abschirmen“, so der Snowboarder kurz vor der Halbzeit der Spiele.
Die Akzeptanz bei künftigen Olympia-Bewerbern steht auf dem Spiel. Beim Rennen um die Austragung der Winterspiele 2022 haben München, das schweizerische Graubünden und Stockholm ihre Bemühungen bereits aufgegeben. Von den traditionellen Wintersportländern ist nur noch Norwegen durch Oslo vertreten. Die norwegische Regierung hat die erforderlichen finanziellen Garantien allerdings noch nicht gegeben. Bei einem Rückzug Oslos blieben nur noch Peking, Krakau, die kasachische Stadt Almaty und Lwiw (Ukraine) als Kandidaten übrig.