Deutsche Eishockey Liga Das Halbjahreszeugnis der Düsseldorfer EG
Düsseldorf · Die Hälfte der Saison in der Deutschen Eishockey Liga ist vorbei. Und die DEG ist so gut unterwegs wie seit Jahren nicht. Auf gleich mehreren Ebenen.
Braden Pimm hat ein verdutztes Gesicht gemacht, als er am Dienstag im Kabinengang des Rather Domes hockte. „Was erzählt der Mann da?“, fragte sich Pimm wohl und gab sich keine Mühe, seine Verwunderung über die Frage des Reporters an den Teamkollegen zu verbergen. Dabei war die recht simpel: Ob die DEG das offizielle Saisonziel (Platz zehn) nicht langsam nach oben korrigieren müsste. Doch Pimm hatte gar nicht mitbekommen, welche Ansprüche seine Vorgesetzten im Sommer öffentlich formuliert hatten. Und so ganz wollte er das jetzt nicht glauben: Platz zehn? Wir?
In den beiden Vorjahren wären sie bei der DEG froh gewesen, wenn sie die Deutsche Eishockey Liga auf Rang zehn abgeschlossen hätten. Dann wäre die Saison nicht im März vorbei gewesen. Dann hätte es keine Trainer- und Spielerentlassungen gegeben und keine frustrierten Fans. Nun, nach der Hälfte der neuen Spielzeit, wirken die Tage des Misserfolgs wie aus grauer Vorzeit. Im Halbjahreszeugnis steht Rang vier. Was die Beteiligten kaum überrascht: „Intern haben wir uns von Tag eins an als Top-Sechs-Team gesehen“, verrät Abwehrroutinier Alexandre Picard.
Mit Blick auf die namhaften Neuerwerbungen im Sommer war das nicht vermessen. Und dann gab es ja zu Beginn sieben Siege am Stück, die DEG war Tabellenführer. Das war etwas zu viel des Guten, aber niemand in der Liga würde noch behaupten, dass der aktuelle Tabellenplatz vier nicht den Leistungen entspricht. Nicht umsonst gewannen die Düsseldorfer drei der vier Duelle gegen die Überteams aus München und Mannheim.
Als Vater des Erfolgs darf Manager Niki Mondt gelten, dem zu Beginn seiner Amtszeit im Sommer 2017 viel Skepsis begegnet war. Und der selbst sagt, dass er im ersten Jahr Fehler gemacht hat. Im zweiten gibt es nun kaum noch Zweifler, weil er mit neuem Scouting, günstiger Fügung und Verhandlungsgeschick erstaunliche Transfers getätigt hat. Er selbst hatte nicht für möglich gehalten, alle Wunschspieler zu bekommen. Doch so kam es. Ohne Mehrausgaben, wie stets betont wird.
Bei all den Erfolgsgeschichten kann man den Überblick verlieren
Mondt habe „starke Charaktere reingebracht“, sagt Picard, der natürlich weiß, dass eine Eishockey-Saison kein Persönlichkeitstest ist. Es geht vor allem darum, mit Schlittschuh, Schläger und Puck umgehen zu können. Und auch das kann die neue DEG. Zwischendurch konnte man fast den Überblick verlieren bei all den Erfolgsgeschichten im Kader.
Da sind Alexander Barta und John Henrion, die besten Spieler der Vorsaison, die einfach so weitermachen. Da sind die namhaften Neuen Ken-André Olimb, Calle Ridderwalll, Philip Gogulla und nun auch der lange verletzte Jerome Flaake, die allesamt eingeschlagen sind. Da sind weitere Glückstreffer wie Jaedon Descheneau und Ryan McKiernan. Da ist ein Bernhard Ebner, der sich zu den Top-Verteidigern der Liga zählen darf. Da sind die Abwehr-Veteranen Patrick Köppchen (38) und Alexandre Picard (33), die zwar nicht mehr die Schnellsten sind, aber mit Erfahrung und Kompromisslosigkeit jeden Stürmer aufhalten können. Da ist Leon Niederberger, der den Torjäger in sich entdeckt. Da ist Bruder Mathias, der (auch Dank Konkurrent Fredrik Pettersson Wentzel) wieder an den Mathias Niederberger erinnert, der 2016 DEL-Torhüter des Jahres war. Und da ist Harold Kreis, der mindestens als Onkel des Erfolgs gelten muss.
Auch die Verpflichtung des neuen Trainers war eher überraschend, auch sie ist ein Glücksfall. Spieler, Mitarbeiter, Fans – alle sind voll des Lobes. Das liegt nicht nur am sportlichen Umschwung, sondern vor allem am Auftreten des smarten 59-Jährigen: stets höflich und verbindlich, aber nie anbiedernd oder aufgesetzt. Kreis‘ größter Verdienst ist es, den Geist des Teams geändert zu haben. Man sieht die Spieler viel lachen, was nicht mit mangelnder Ernsthaftigkeit verwechselt werden sollte.
Kreis’ Führungsstil lässt den Spielern Freiräume
Kreis selbst beschreibt seinen Führungsstil als „nicht Top-Down“, also nicht von oben herab. Natürlich ist er der Chef, aber er gibt den Spielern Freiräume, sie sollen zur Lösungsfindung beitragen. Es gehe darum, die Spieler „glauben zu lassen, dass es ihr eigenes System ist“, sagt er. Dann würden sie der Taktik mehr vertrauen und den Extraschritt gehen.
Bislang klappt das. Die DEG spielt nicht durchweg brillant, aber sie gibt nie auf. Mit 38:17 Toren ist sie das mit Abstand beste Team im letzten Drittel. Immer wieder holt sie Rückstände auf. Zwar gewinnt sie oft erst in der Verlängerung, verliert dafür aber kaum nach 60 Minuten, nach 26 Spielen erst vier Mal.
Im Management hoffen sie nun, dass sich der Aufschwung auch finanziell niederschlägt. Die Zuschauerzahl ist schon mal von 7656 auf 8357 gestiegen — und die besten Eishockey-Monate kommen noch. Auch die Sponsoren werden mehr. Natürlich fehlen noch die großen Namen und Summen, natürlich müssen die Gesellschafter Stephan und Peter Hoberg sowie Peter Völkel immer noch siebenstellige Beträge beisteuern, aber die Zahl soll im Vergleich zu den düsteren Jahren gesunken sein.
Es geht aufwärts bei der DEG. Auf und neben dem Eis. Doch alle wissen: Das wirklich wichtige Zeugnis, das, das über die Versetzung entscheidet, kommt am Ende.