Erfolgsgeschichte ohne Happy End Düsseldorfer EG meldet ihr Frauen-Team ab
Düsseldorf · Einst wurden sie für ihre Aufstiege gefeiert, dann standen sie ohne Trainer am Tabellenende, nun ist es ganz vorbei — die DEG hat ihre Eishockey-Frauen aus der Bundesliga abgemeldet.
Das Ende kam plötzlich. „Es gab nicht mal ein persönliches Gespräch, nur eine Nachricht vom Verein“, sagt Svenja Küsters. Küsters, 24, ist Eishockey-Spielerin, bis vergangene Woche war sie Kapitänin der Düsseldorfer EG. Doch ihre Zeit an der Brehmstraße ist nach mehr als vier Jahren vorbei. Die DEG hat ihre Eishockey-Frauen vom Spielbetrieb abgemeldet und die Mannschaft aufgelöst. Dabei galt die einst als Erfolgsprojekt und hatte sich nur wenige Jahre nach ihrer Gründung in der ersten Bundesliga etabliert. Zwar sei es „abzusehen gewesen, dass es diese Saison schwer wird“, sagt Küsters, „aber es ist trotzdem ein harter Schlag für uns“.
Das gilt vor allem für sie selbst. Die Verteidigerin war dabei, als die DEG 2015 — 80 Jahre nach ihrer Gründung — erstmals Eishockey für Frauen anbot. Und gleich durchstartete: Aufstieg in die zweite Liga, Aufstieg in die erste Liga, dort ein starker Platz fünf. Bereits nach drei Jahren gehörte die DEG zu den besten Adressen im deutschen Frauen-Eishockey. Der Zulauf war so groß, dass es sogar eine zweite Mannschaft gab.
Doch bereits im zweiten Jahr in der Bundesliga bröckelte es. Wegen zu wenig Eiszeiten wurde die zweite Mannschaft abgemeldet. Und auch in der ersten kriselte es: Abgänge, Verletzte, Spielerinnen, die seltener Zeit oder schlichtweg keine Lust mehr hatten: Nach 28 Spielen hatte die DEG nur sechs Siege eingefahren und verhinderte den Abstieg erst über einen Sieg in der letzten Runde der Play-downs.
Im Sommer sollte es an den Neuaufbau gehen, doch ohne Trainerin Miriam Thimm, der aus beruflichen Gründen die Zeit fehlte, sie half noch als Scout und verpflichtete ausländische Spielerinnen für die DEG. Ersatz auf der Trainerbank war aber nicht leicht zu finden. „Wir haben bestimmt 50 Leute gefragt“, erinnert sich DEG-Vorstand Michael Staade.
Also übernahm Georg Holzmann, Ex-Nationalspieler und seit Jahren Trainer der DEG-Junioren, das Sommertraining — was von der Intensität her nicht bei jeder Spielerin gut ankam. Ähnlich verhielt es sich mit der Wahl des neuen Coaches, der dann doch noch gefunden wurde: René Nosper aus Köln. Einige Spielerinnen kannten ihn bereits und waren wenig begeistert. Was sie ihn spüren ließen. Nach dem verpatzten Saisonstart (ein Sieg aus vier Spielen) warf er die Brocken hin. Doch besser wurde es nicht, im Gegenteil: es folgten neun Niederlagen am Stück, nicht wenige davon zweistellig. Laune und Motivation wurden immer schlechter. Teilweise fuhr die DEG mit gerade mal neun Feldspielerinnen zu Auswärtsspielen. Das reichte nicht mal für zwei Blöcke. Beim Training waren es manchmal noch weniger.
Kaum Sponsoren, kaum Zuschauer, kaum Einnahmen
Weil es auch nicht gelungen war, einen neuen Trainer zu verpflichten und das Verhältnis zwischen Mannschaft und Vorstand schlechter wurde, zog der nun den Stecker. Zwischendurch hatte Kapitänin Küsters selbst das Training geleitet. Oder Teamleiter Frank Spooren sprang ein. „Ich konnte denen aber nichts beibringen. Ich habe nur versucht, das am Laufen zu halten“, sagt er.
Spooren gehört zu den Ehrenamtlichen, ohne die im Frauen-Eishockey nichts geht. Auch in der Bundesliga ist der Sport für die Klubs ein Zuschussgeschäft. Rund 40 000 Euro kostete die DEG eine Saison. Unterstützung bei der Ausrüstung, Hotel- und Fahrtkosten bis nach Berlin oder Bayern. Einnahmen gab es bis auf Fördergelder und die Mitgliedsbeiträge der Spielerinnen so gut wie keine. Potenzielle Sponsoren zeigten kein Interesse, die Zuschauer taten es nicht anders. In den ersten Jahren kam es hin und wieder noch mal vor, dass neben Freunden und Familien ein paar DEG-Fans mit Trikot und Schal auf der Tribüne standen, weil sie Lust hatten, einen netten Eishockey-Abend an der alten Brehmstraße zu verbringen. Als die Mannschaft kaum noch gewann, spielte sie fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Nun ist Frauen-Eishockey nirgendwo ein echter Publikumsmagnet, „die ganze Liga kämpft damit“, sagt Spooren, der in den vergangenen Jahren jeden Standort aus nächster Nähe sah. An einigen funktioniert es, aber ohne Gönner oder großen Verein im Hintergrund geht nichts.
Deswegen hatten sich viele Spielerinnen aus NRW gefreut, als die DEG ihr Team gründete. Bis dahin hatte es Frauen-Eishockey an Rhein und Ruhr lediglich bei kleinen Vereinen gegeben. „Für uns war der Einstieg der DEG super, und wir haben auch viel bekommen, was du in kleineren Verein nicht hast. Ausrüstungsgegenstände, die Fahrten waren für uns immer umsonst. Wir haben schon profitiert von der Größe des Vereins, auch deswegen ist das Ende traurig“, sagt Kapitänin Küsters. „Es brauchte einen großen Verein in NRW, der den Anfang macht, den hat die DEG gemacht und hätte auf Dauer vielleicht ein Leistungsstützpunkt im Westen werden können.“
So eine Entwicklung hätte auch Michael Staade gefreut, der DEG-Vorsitzende hatte stets große Pläne mit den Frauen. Gleich bei der Gründung sprach er von der Bundesliga, die das Team schnell erreichte. Doch die nächsten Entwicklungsschritte (Play-offs, Chance aus die Meisterschaft) blieben aus.
Auch im Gesamtkonstrukt DEG spielten die Frauen eine immer kleinere Rolle. Zu Beginn wurden sie auch mal während der Spiele der Profis im Dome erwähnt. Da gab es Interviews in Drittelpausen oder Ehrenrunden nach Aufstiegen. Nicht wenige DEG-Fans dürften mittlerweile vergessen haben, dass es auch ein Frauen-Team gibt, das in der Bundesliga spielt. So fühlte sich das Team immer mehr allein gelassen. Auch jetzt beim plötzlichen Ende.
Rückzug nicht das generelles Ende des Frauen-Eishockeys
Das sieht Michael Staade anders: „Wir haben uns Ende der letzten Saison zusammengesetzt, im Sommer und auch in der neuen Saison, es ist viel mit der Mannschaft gesprochen geworden“, sagt der Vorsitzende, bestätigt aber, dass es nun kein abschließendes Gespräch gegeben habe: „Das kam wegen der Differenzen aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen über das sportliche Engagement nicht mehr zustande.“ Soll heißen: Wirklich glücklich waren sie im Vorstand nicht, wenn sie Bus und Hotel zahlen mussten, damit sich ein Rumpfteam 3:9 und 1:12 in Berlin abschießen lässt.
Das Ende des Frauen-Eishockeys bei der DEG sieht Staade durch den Rückzug dennoch nicht gekommen: „Wir schauen nun, ob wir mit anderen Klubs Kooperationen finden. Aber wann und in welcher Liga, müssen wir sehen. Wenn wir noch mal starten, müssen wir es anders aufstellen, das Projekt Erstliga-Frauen ist erst mal gestorben.“
Das sieht für die meisten Spielerinnen nicht anders aus. In NRW gibt es nur einen Bundesligisten, in Bergkamen. Aber für alle Zeiten gesichert ist der Standort nicht. Deswegen setzen einige Spielerinnen ihre Hoffnungen in die Kölner Haie. Die haben vor einigen Jahren die Cologne Brownies übernommen und könnten nach dieser Saison in die erste Liga aufsteigen. Svenja Küsters ist derweil in Bergkamen untergekommen, jüngere Mitspielerinnen versuchen sich mit Jungs in Nachwuchsmannschaften, aber längst nicht alle ehemaligen DEG-Spielerinnen haben einen neuen Verein gefunden. „Sie haben für diese Saison keinen Plan B“, sagt Küsters, „und am 31. Januar endet die Wechselfrist.“