Krefeld Pinguine Ohne Herz geht im KEV-Internat nichts

Die Herberge für Eishockeytalente feiert Zehnjähriges. Viele Spieler sind dort groß geworden, darunter zwei Profis aus dem Pinguine-Kader.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Eine verwinkelte Seitenstraße. Das Gebäude ist rot angestrichen und sticht sofort heraus. Draußen wartet auch schon Herbergsvater Roland Thomczyk. Doch wer es nicht weiß, vermutet wohl kaum, was sich im Inneren des Hauses befindet. Die Tür geht auf, schnurstracks geht es hoch in den ersten Stock. Auf einmal wechselt die Farbe. Von Rot ist nichts mehr zu sehen. Die dominierenden Farben sind jetzt Schwarz und Gelb. So wie es sich in Krefeld gehört. Auch wenn von Außen nichts an ein Internat im klassischen Sinne erinnert, fühlt man sich im Inneren sofort wohl. Es ist das Internat des Krefelder EV, kurz das KEV-Internat. 2006 wurde es ins Leben gerufen, in diesem Jahr feiert es sein zehnjähriges Bestehen.

Am Mittagstisch sitzt Michael Dittmar. In seiner Mittagspause kommt er von seinem eigentlichen Job im Jugendamt nahezu jeden Tag rübergelaufen und nimmt, auch wenn es nur für kurze Zeit ist, seinen Posten als Internatsleiter ein. Dittmar sagt: „Das ist für mich weniger Arbeit, sondern viel mehr Spaß. Ich mache das aus Leidenschaft.“ An die Entstehung des Projektes „KEV-Internat“ erinnert er sich noch ganz genau. „Der Vorstand kam damals auf mich zu und präsentierte mir die Idee. Ich fand sie sofort Klasse und wollte mithelfen.“

Eine Entscheidung, die er bis heute keinesfalls bereut. Im Juni 2006 war in Markus Keller ein späterer DEL-Torhüter der erste Gast im Internat. Dittmar: „Anfangs dachten wir, dass der Kontakt zu Mädchen, mit allen denkbaren Begleiterscheinungen, das größte Problem wäre, aber da haben wir uns getäuscht.“

Zehn Jahre und 80 Spieler später hat der Krefelder aber das wahre Problem herausgefunden. „Das größte Problem ist tatsächlich der hohe Teelöffelverbrauch“, sagt er und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Anscheinend ist es nicht möglich, den Joghurtbecher ohne den Teelöffel wegzuschmeißen. Wir mussten schon mehrere hundert Löffel nachbestellen.“

Aus dem aktuellen Profi-Kader der Pinguine kamen Steve Hanusch, aus Weißwasser und Patrick Klöpper aus Duisburg ins Internat. An Letzteren erinnert sich Dittmar noch ganz genau. „Patrick war für vier Jahre bei uns. Alle fühlen sich hier wohl, aber er ganz besonders. Ihn mussten wir damals beinahe raustragen. Wenn es gehen würde, wäre er glaube ich heute noch hier“, schmunzelt Dittmar.

Heute besitzt das Internat 13 Zimmer auf zwei Etagen verteilt. Zehn sind derzeit belegt, in den anderen können unter anderem Eltern über das Wochenende übernachten. Läuft man den Flur entlang, sticht einem sofort das Logo des Krefelder EV ins Auge. Fast jeder Spieler hat hier schon für ein Foto posiert, auch der 15-jährige Markus Endres. Er kommt aus dem knapp 700 Kilometer entfernten Garmisch. Der Torhüter ist erst seit sechs Wochen im Internat und hat sich dennoch schon perfekt eingelebt. „Das ist wie ein zweites Zuhause für mich. Die Lage ist perfekt, man kann viel unternehmen, aber im Zimmer hat man auch seine Ruhe.“

Und die brauchen die Nachwuchsspieler auch. Acht bis 15 Uhr Schule, kurz nach hause Sachen packen und dann bis Abends zum Training. So sieht der normale Tagesablauf aus. Viel Platz für Freizeit bleibt da nicht. Doch all das wäre kaum möglich, gäbe es da nicht Annette und Roland. Ob Fiebermessen, Wäsche waschen oder das Zimmer reinigen, ohne die beiden Herbergseltern würde das Internat wohl kaum so lange Zeit erfolgreich bestehen. Michael Dittmar sagt: „Sie sind echte Herzensmenschen, ohne sie geht hier gar nichts.“ Bis zu acht Stunden sind die beiden täglich da, egal ob in der Woche oder am Wochenende. Das Erfolgsrezept ist für Annette Thomczyk klar: „Es muss einem einfach Spaß machen, und man sollte mit viel Herz dabei sein. Das Wohlbefinden der Kinder ist am wichtigsten.“

Geht es nach allen Beteiligten, steht das KEV-Internat auch in den nächsten zehn Jahren noch an Ort und Stelle. Bis dahin wird hoffentlich noch das eine oder andere Talent ausgebildet und vielleicht lernt die kommende Generation es ja den Teelöffel aus dem Becher herauszunehmen.