Viele offene Fragen im DEB nach WM-Ernüchterung

Minsk (dpa) - Nach der WM-Ernüchterung steht das deutsche Eishockey vor einer problematischen Zukunft. Sogar die direkte Teilnahme für die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang ist momentan in weiter Ferne.

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Unmittelbar nach dem WM-Abschluss in Minsk mit Platz 14, dem schlechtesten Abschneiden seit fünf Jahren, begann die Aufarbeitung. Die geknickten Spieler konnten es am Mittwoch kaum erwarten, die Heimreise anzutreten und in den Urlaub zu gehen. Coach Pat Cortina steht trotz seiner umstrittenen Doppelrolle als Nationaltrainer und Sportdirektor vorerst nicht in Frage - dafür aber Verbandspräsident Uwe Harnos, den die Proficlubs gerne los würden.

„Der Pat hat unser Vertrauen“, bekräftigte der Chef des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), gab aber zu: „Wenn man die blanke Platzierung von der Ziffer her anguckt, kann man mit Sicherheit nicht zufrieden sein.“ Das Abrutschen in der Weltrangliste auf Rang 13 passt ins Bild. „Das ist natürlich nicht das, was man sich wünscht“, erklärte Harnos: „Die Olympia-Qualifikation ist zumindest mal schwierig.“

Schon die historische Pleite im vergangenen Jahr, als das deutsche Team beim Qualifikationsturnier für Sotschi kläglich gescheitert war, hatte Cortina zu verantworten. Für Harnos sind die sportlichen Enttäuschungen aber kein Grund, den Coach und Sportdirektor in Personalunion anzugreifen. Das junge Team musste viele Absagen verkraften und ohne einen einzigen Star aus der nordamerikanischen Profiliga NHL antreten. „Man muss einfach wahrnehmen, dass die Situation eine ganz schwierige war“, analysierte Harnos.

Und die Lage bleibt schwierig - vor allem die Position des DEB angesichts des nur noch ein Jahr lang laufenden Vertrages für Cortina. Wäre der Verband von Cortinas steinigem Weg der Verjüngung im Hinblick auf die Heim-WM 2017 wirklich überzeugt, müsste der Vertrag eigentlich langfristig verlängert werden. Fragen danach wich Harnos aus. „Jetzt sollen sie erst mal analysieren und sich zusammensetzen und dann berichten und dann werden wir diskutieren, was da für Erkenntnisse mitgeteilt werden“, sagte Harnos. Wohl auch wegen seiner eigenen ungeklärten Rolle.

Der umstrittene Verbandspräsident will sich im Juli erneut zur Wahl stellen, die Proficlubs setzten sich aber für den scheidenden Generalsekretär Franz Reindl ein. Auch von der Wahl dürfte abhängen, wie es mit Cortina und dessen Doppelamt weitergeht. „Ich glaube nicht, dass es fair ist, dieses Team nach der Platzierung zu beurteilen“, sagte Cortina selbst: „Wenn das die Priorität wäre, hätten wir Dinge anders machen müssen.“

Der Italo-Kanadier aber nutzte die vielen Absagen und setzte mit Unterstützung des DEB mutig auf die verheißungsvolle Jugend. Sogar das erst 18 Jahre alte Talent Leon Draisaitl aus der kanadischen Juniorenliga warf Cortina ins kalte Wasser. Draisaitl konnte dabei genauso überzeugen wie die Talente Tobias Rieder, Marcel Noebels und Philipp Grubauer aus der unterklassigen nordamerikanischen Profiliga AHL. „Es sollte für jeden klar sein, dass ich nicht für jetzt coache“, sagte Cortina. Die Youngster zählten zu den wenigen WM-Lichtblicken und machen Hoffnung für die Zukunft.

„Das Positive ist die Leistung der jungen Spieler, der Neulinge in der Nationalmannschaft. Die Mannschaft hat sicherlich Potenzial“, erklärte Harnos. Allerdings haben alle Spieler NHL-Ambitionen. Sollte der Sprung in die stärkste Liga der Welt bald gelingen, wäre ihr WM-Einsatz in den kommenden Jahren fraglich.

Und die Zukunft von Cortina? Nach der WM-Enttäuschung freute sich der Coach, endlich wieder seine Töchter in die Arme schließen zu können. Probleme im Job hat Cortina derzeit genug. Wie schnelllebig auch im Eishockey alles sein kein, kann er auch von seinem Vor-Vorgänger Uwe Krupp lernen. Nach dem sportlichen Abstieg 2009 folgte ein Jahr später der sensationelle vierte Rang. Daran mag im Moment aber niemand so recht glauben.