Fechter sehen sich „auf dem richtigen Weg“
Legnano (dpa) - Die Erkenntnis ist klar: Deutschlands beste Fechter gehören in London zu den Medaillenkandidaten. Die EM-Auftritte von Britta Heidemann, Benjamin Kleibrink oder Nicolas Limbach geben Selbstvertrauen.
Legnano darf zwar nicht als olympischer Ernstfall gewertet werden, dessen ist sich Manfred Kaspar („Es war natürlich keine WM“) bewusst. „Aber das war schon Mut machend. Alle fechten vorne mit“ - die Bilanz des Sportdirektors nach dem Europachampionat in der Lombardei ist durchweg positiv.
Peking-Gewinner Kleibrink beendete vier Jahre ohne Einzelmedaille bei einem Topereignis mit einer eindrucksvollen Präsentation alter Stärke und Florett-Silber. Degen-Olympiasiegerin Heidemann mischt wieder kräftig mit, auch wenn sie als Fünfte ebenso keinen Podestplatz eroberte wie Säbel-Ass Limbach als Sechster. Dessen Trainer Vilmos Szabo bat um Verständnis, dass die Nummer eins der Welt bei der Medaillenvergabe leer ausging: „Wir sind nur auf die Spiele konzentriert - Entschuldigung.“
Szabos Einlassung, warum es noch nicht besser laufen konnte, ließ sich auf alle deutschen Olympia-Starter ausweiten: Die Planung erlaubte nichts anderes, als die EM aus vollem Training heraus anzugehen. Das Gesamtbild machte für Kaspar eines dennoch offensichtlich: „Hier wurde bekräftigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und jeder hat noch ein Kärtchen im Ärmel.“
Dass bei der EM, die in der Pala-Borsani-Halle von Castellanza und im alten Castello Visconteo von Legnano zu einer wahren Hitzeschlacht geriet, gezockt und das wahre Leistungsvermögen der besten Europäer noch nicht für alle sichtbar präsentiert wurde, machte das Beispiel der Gastgeber klar. 2011 räumten die Italiener mit sechsmal Gold die Hälfte der Titel ab, diesmal war Russland überragende Nation.
Gemeinsam stark - so gehen Deutschlands Olympioniken das Abenteuer London an. Wohl am extremsten ausgeprägt ist diese Einstellung bei Säbel- und Florettherren, die als Teams auf Medaillen programmiert sind. Florettcoach Ulrich Schreck: „Wir wollen in London das Maximum rausholen und im großen Finale stehen.“ In Legnano reichte es ohne Peter Joppich nur zu Rang drei: Der viermalige Einzel-Weltmeister zog sich im verlorenen Halbfinale gegen Frankreich eine Verletzung am linken Knie zu und musste im Bronzegefecht gegen Russland (38:33) zuschauen. Erste Diagnose: nichts Schlimmes, Olympia scheint nicht gefährdet.
Die Gesundheit der EM-Teilnehmer war es schon. Bei den Vorentscheidungen herrschten Temperaturen, die den einen oder anderen Athleten an den Rand eines Hitzekollapses brachten. Gegenmaßnahme der Organisatoren: keine. „Das ist sechs Wochen vor Olympia unverantwortlich“, sagte Kaspar. Bei der EM 2010 in Leipzig reagierten die Veranstalter unter ähnlichen Umständen schnell und installierten für 13 000 Euro transportable Klimaanlagen.