Borussia Mönchengladbach Gladbachs Coach Farke kämpft um seine Wechselkandidaten

Mönchengladbach · 1:1 bei Standard Lüttich: Fohlen Elf bleibt auch im vierten Testspiel ohne Niederlage.

Gladbachs Cheftrainer Daniel Farke.

Foto: dpa/Marco Steinbrenner

In der Rubrik „Torschützen“ taucht Christoph Kramer nur selten auf. In 228 Bundesligaspielen hat der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach und Abräumer vom Dienst lediglich zehnmal ins Schwarze getroffen. Auch in Testspielen lässt es der Weltmeister von 2014 vorne selbst fast nie krachen. Beim belgischen Traditionsklub Standard Lüttich, bei dem die Gäste vom Niederrhein nach drei Erfolgserlebnissen gegen Drittligisten (RW Essen, München 60 und Viktoria Köln) über ein 1:1-Unentschieden nicht hinauskamen, explodierte Kramer aber in dieser einen Sekunde förmlich. Er schlich sich in den Strafraum der Wallonen, stand nach Thurams Vorarbeit plötzlich sträflich frei und knallte das Leder unter die Latte (24). „Das war sehr schön gemacht von Chris, aber ich hätte mir angesichts unserer starken Vorstellung und Überlegenheit den einen oder anderen Treffer mehr gewünscht“, konstatierte Gladbachs Cheftrainer Daniel Farke, „und bei einem 3:0 zur Pause hätten dann die Leute gleich von Champagner-Fußball gesprochen.“

Davon konnte nach dem Wechsel allerdings nicht mehr die Rede sein. Plötzlich waren Leichtigkeit und Spielwitz dahin, „schwere Beine“ der Fohlen Schuld daran, dass im Maurice Dufrasne Stadion an der Maas nur noch sporadisch spielerischer Glanz aufblitzte. Der Ausgleich zum 1:1-Endstand ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Farke nahm seine Jungs trotz des späteren Leistungsabfalls in Schutz: „Das ist verständlich nach intensiven Trainingstagen. Man kann nicht immer seine perfekte Leistung abliefern. Zudem waren die Lütticher der erwartet starke Gegner, sehr euphorisiert eine knappe Woche vor dem Ligastart. Grundsätzlich hat mir aber in dieser Phase die Haltung meiner Spieler gefallen. Auch wenn es nicht mehr so rund lief, wir wollten ungeschlagen bleiben.“ Farke lobte also explizit die Widerstandskraft seiner Schützlinge, wie sie Standard in Schach hielten.

In den ersten 45 Minuten war viel von dem zu sehen, was Gladbachs neuem Cheftrainer vorschwebt: Aus einer stabilen Defensive schwirrten die Fohlen etliche Male in hohem Tempo aus und setzten ihren Gegner mit schnellen Ballpassagen unter Druck. Christoph Kramer war Chef auf dem Platz, Florian Neuhaus ständig auf Trab, Alassane Plea und Marcus Thuram stifteten Unruhe im gegnerischen Strafraum. Bei drei, vier spektakulären Szenen fehlte das Glück.

Kein Thema mehr in diesem Rhythmus der Spiele und des Umbruchs ist Mittelstürmer Breel Embolo. Der 25jährige ehemalige Schalker setzt seine Karriere an der Côte d’Azur fort: bei AS Monaco. Geschätzte zwölf Millionen Euro und weitere Boni wandern auf das Konto der Borussia. Für einen Spieler, der zwar in 106 Pflichtspielen 25 Tore erzielte und 20 Vorlagen lieferte, im Grunde aber auch als sogenannter Chancentod die Nerven im Borussia-Park nicht selten strapazierte, ist das ein respektables Sümmchen und auf der Habenseite ein erstes großes Erfolgserlebnis für Gladbachs Sportdirektor Roland Virkus. Da Embolo ohnehin die Absicht hegte, sich verändern zu wollen, wird Gladbach dessen Wechsel ins Fürstentum verkraften.

War Embolos Weggang erst der Anfang? Wie wird der Transfersommer 2022 enden? Wie plant Gladbach? Was geht in Hofmann, Plea oder Thuram vor, was ist mit Bensebaini? Erst am 1. September werden Gerüchte und Mutmaßungen verstummen, herrscht Klarheit, über welchen Kader Borussia Mönchengladbachs Cheftrainer Daniel Farke bei seiner Bundesligapremiere verfügen wird. Die Situation auf dem Markt beobachtet der 45jährige Fußball-Lehrer sehr sorgfältig: „Wir müssen wachsam bleiben. In dem Geschäft kann man nie etwas ausschließen. Unser Ziel muss es sein, die Topspieler zu halten, Qualität hinzuzufügen und frischen Wind reinzubringen. Ich bin hoffnungsvoll, dass die Verantwortlichen, dass wir alle dies hinkriegen “ Farke kämpft um seine Wechselkandidaten, lobte nach Embolos Abschied dann auch im Speziellen sein verbliebenes Stürmer-Duo Plea und Thuram: „Das sind Top-Jungs, Top-Charaktere, die sich zu Borussia und zur Raute bekennen.“

Das tut Christoph Kramer erst recht, der seit acht Jahren für die Gladbacher spielt und im gleichen Atemzug mit den Ur-Borussen Patrick Herrmann und Tony Jantschke zu nennen ist. Auch Daniel Farke weiß die Verdienste Kramers und seinen Wert für die gesamte Gruppe zu schätzen: „Er ist ein wichtiger Spieler und auf einem guten Weg.“ Was der 31-Jährige nicht nur wegen seines fulminanten Treffers bei Standard Lüttich einmal mehr untermauert hat.