„Schwierige Aufgabe“ Borussia Mönchengladbach hofft auf Ende der langen Horrorserie in Freiburg

MÖNCHENGLADBACH · Der Mönchengladbacher Fußball-Bundesligist hat mehr als 20 Jahren nicht mehr beim SC Freiburg gewonnen – nächster Anlauf am Sonntag. Was soll dann anders sein?

Arie van Lent traf zum letzten Sieg in Freiburg.

Foto: Dieter Wiechmann

Samstag, der 23. März 2002: Im Dreisamstadion zu Freiburg wollten sich die Borussen aus Mönchengladbach nicht mit einem torlosen Unentschieden begnügen. Immer wieder schnürten sie nach der Pause ihren Gegner ein. Dann passte es. Eine Flanke von Peer Kluge verwertete Torjäger Arie van Lent mit dem Kopf zum Siegtor (79. Minute). Das Besondere: Seit jenem Sonnabend in der Spielzeit 2001/2002 hat die Fohlen-Elf nicht mehr im Breisgau gewonnen. Ja, es sollte in der Geschichte beider Klubs ihr einziger Sieg auf Freiburger Boden bleiben. Am Sonntag, 17.30 Uhr, unternimmt Borussia Mönchengladbach den 21. Versuch, Freiburger Terrain zu erobern; erstmals erwartet das Team von Christian Streich als fast sensationeller Tabellenführer der Bundesliga die Borussia vom Niederrhein. Wie werden die Fohlen auf den überraschenden Ausrutscher (0:1 gegen Mainz 05) reagieren?

„Freiburg hat einen super Start hingelegt und vier Siege eingefahren“, sagte Cheftrainer Daniel Farke in dieser Woche, „zudem ist es eine extrem heimstarke Mannschaft. Das wird eine schwierige Aufgabe für uns, es ist aber auch eine Chance. Wir werden motiviert hinfahren und hoffentlich die nächsten Punkte einsammeln.“

Es steckte eine Menge Wahrheit drin, was Farke nach dem 0:1 gegen Mainz sagte, nämlich, dass an diesem Tag „alles, aber wirklich alles gegen uns gelaufen ist“. 

Die unangenehme Folge: Gladbachs Coach muss am Sonntag auf Abwehr-Chef Ko Itakura (ein Spiel Sperre) verzichten, und obendrein fallen wohl auch Nico Elvedi (Außenbanddehnung) und Alassane Plea (Muskelfaserriss) aus. Gut, dass der Kader breit aufgestellt ist. Kapitän Lars Stindl ist wieder fit, der letzte Zugang vor Schließung des Transferfensters, Julian Weigl, und Marvin Friedrich stehen in den Startlöchern. Zudem hat der Neue aus Toulouse, Nathan Ngoumou (22), bei seiner Einwechslung gegen Mainz aufs Tempo gedrückt. Farke hat die freie Auswahl, doch die entscheidende Frage bleibt: Wie überbrücken die Gladbacher den Ausfall ihres bisher besten Feldspielers, Ko Itakura?

Wechselfälle des sportlichen Lebens bewusst miterlebt

Die Elf vom Niederrhein hat das erste Mal in ihrer 55. Spielzeit gepatzt. Für Farke ist das „Business as usual“, Alltagsgeschäft eben. Wie der Wind im Profifußball weht, weiß der gebürtige Ostwestfale ohnehin. Mit dem englischen Traditionsverein Norwich City ist er zweimal von der Championship in die Premier League aufgestiegen, hat also die Zeiten in der einerseits härtesten sowie der besten Liga der Welt, wie er behauptet, durchgestanden und die Wechselfälle des sportlichen Lebens bewusst miterlebt. Farke: „Spiele zu verlieren, das passiert, das gehört dazu. Entscheidend ist, wie man sich im Falle einer drohenden Niederlage verhält.“

Dabei hat dem 45-jährigen Fußballlehrer durchaus imponiert, wie seine Mannschaft in Unterzahl (seit der 53. Minute) die Mainzer nach und nach noch einmal richtig in Verdrückung brachte, den Gegner trotz dessen numerischer Überlegenheit weitgehend abmeldete. Gladbach hätte am Ende eines turbulenten und temporeichen Spiels allein deshalb schon ein Unentschieden verdient gehabt. Die Fohlen-Elf gab sich auf freche und mutige Art als ein Team zu erkennen, das nicht aufgab und alles versuchte, um gegen spielfreudige, kompakte Kurpfälzer noch einen Punkt zu retten. Doch der Ball wollte nicht mehr über die Linie, so dass die Gäste der Borussia und ihren von Beginn an so zuversichtlich gestimmten Zuschauern letztlich doch einen Dämpfer versetzten.

Vielleicht ist der Gang zum Spitzenreiter jetzt die Herausforderung, die es braucht, um das 0:1 besser zu verstehen und einordnen zu können. Der seit dem Saisonauftakt konstant guten Stimmungslage im Borussia-Park dürfte die erste Niederlage der Gladbacher seit dem 1:3 gegen den 1. FC Köln im April und das Abfallen auf Rang neun nur wenig anhaben. Damals war das noch ganz anders. Mit der Derbypleite im Gepäck ging es nach Freiburg. Das Team von Adi Hütter war mit 37 Punkten als Tabellenelfter aus dem Gröbsten raus. Nach einem Blitzstart (2:0-Führung) im neuen Europapark-Stadion tauchte die Borussia völlig unter.

Die furiosen Freiburger führten kurz vor Schluss mit 3:2 und sahen wie der verdiente Sieger aus. Dann glich Stindl wie aus dem Nichts aus. Als die Fans Jubelszenen nach dem Abpfiff schlichtweg verweigerten, versuchte der Kapitän, auf die Anhänger einzuwirken. Vergeblich: Stindl und das Team spürten in aufgeladener Atmosphäre nur rauen Gegenwind. Der Höhepunkt der Dissonanzen zwischen der Fanszene und der Mannschaft war erreicht. Längst hat sich das Klima gewandelt, eines ist klar: Gladbachs Schlachtenbummler würden am Sonntagabend einen späten Punktgewinn in Freiburg sicherlich mit Kusshand annehmen und für entsprechende Stimmung sorgen.