Bundesliga Gladbachs Stotterstart: Jetzt kommen die Wochen der Wahrheit
Mönchengladbach · Das 0:1 gegen RB Leipzig war trotz der Niederlage ein Schritt in die richtige Richtung. Doch jetzt kommen die Wochen der Wahrheit für die Fohlenelf.
Geackert, gerackert, gekämpft, gerannt - und am Ende mit leeren Händen vor der Nordkurve. Auch das Heimspiel Nummer drei hat Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach unter der Leitung des neuen Trainers Gerardo Seoane verloren. Diesmal war RB Leipzig eine Nummer zu groß für die Fohlenelf. Doch der Abstand wird geringer. Die Heimspiele gegen Leverkusen (0:3) und Bayern München (1:2) ließen Schlimmeres erahnen. Zu langsam, zu zweikampfschwach, zu ängstlich. Während die „Fohlen“ in diesen Spielen bisweilen wirkten, als seien sie auf dem Weg zum Abdecker, haben sie am Samstag Widerstandskraft gezeigt. Die Schnelligkeit der Leipziger absorbierte Gladbachs Defensive nicht zuletzt durch die Rückkehr von Nico Elvedi. Und im Mittelfeld verstärkten Rocco Reitz und der Manu Koné die Präsenz. Das Erlebnis waren mehr Stabilität nach hinten, weniger Torchancen für den Gegner. Dass ausgerechnet Timo Werner letztlich für den Siegtreffer der Leipziger sorgte, war zu erwarten. Werner trifft eigentlich immer, wenn er gegen Gladbach spielt, und sei er auch noch so schlecht in Form.
Der Anhang honoriert, dass
die Fohlenelf wieder lebt
Deshalb wurde es nichts mit dem Punkt, den die immer noch sieglosen Gladbacher durch ihre engagierte Leistung zweifellos verdient gehabt hätten. Das sahen auch die Fans so, die das Team trotz der mageren Ausbeute von zwei Pünktchen nach fünf Spieltagen lautstark unterstützte und nach Abpfiff minutenlang feierte. Der Anhang honoriert, dass die Fohlenelf wieder lebt. Sie trabt nicht über den Platz wie allzu oft unter der Anleitung von Daniel Farke in der vergangenen Saison, sie versucht zu galoppieren. „Wir wollen gewinnen, für diesen Verein Punkte holen und den Fans eine Freude bereiten“, ließ sich der aus Leeds geliehene Verteidiger Max Wöber auf der Vereinsseite des Clubs zitieren. Das scheinen die Fans zu erkennen, sie quittieren es mit uneingeschränkter Unterstützung.
Dabei nehmen sie auch in Kauf, dass es Borussia Mönchengladbach bisher noch nicht gelingt, genügend aussichtsreiche Situationen herauszuspielen. Das ist beispielsweise schlecht für Spieler wie Jordan Sebatcheu, der gegen Leipzig einen ganz traurigen Tag erlebte. Keine 20 Ballkontakte, keine einzige Torchance, weil Gladbach zu selten in der Lage war, das Spiel ins letzte Drittel beziehungsweise in den Sechzehnmeterraum des Gastes zu verlagern. Zwar hat Christoph Kramer nach der Partie vorsorglich bereits darauf hingewiesen, dass es in dieser Saison mit der Spielkultur der Fohlen angesichts der namhaften Abgänge nicht allzu weit her sein wird. Aber ein bisschen mehr muss da schon noch gehen. Sonst könnten sich die nächsten Wochen als turbulent erweisen. Denn nach dem strammen Auftaktprogramm mit Heimspielen gegen die Liga-Elite stehen nun Gegner bevor, denen Gladbach mindestens auf Augenhöhe begegnen sollte. Bochum, Mainz, Köln und Heidenheim sind die nächsten Stationen der Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane.
In den Wochen der Wahrheit bis Ende Oktober muss sich zeigen, wie wettbewerbsfähig der zwangsweise runderneuerte Kader des fünffachen Deutschen Meisters wirklich ist. Dazu wird es sicher notwendig sein, verlässlich so konsequent zu verteidigen wie gegen Leipzig. Das ist in Augsburg beim 4:4 und in Darmstadt beim 3:3 nicht im Ansatz gelungen.
Doch defensive Qualität verhilft zu maximal einem Punkt, wenn die Spielkultur nach vorn nicht ausreicht, um die Stürmer in Position zu bringen. Nur Standardsituationen allein reichen nicht. Die waren am Samstag das Mittel der Wahl – aber auch nur leidlich gefährlich für Jannis Blaswich, den ehemaligen Borussen im Leipziger Tor. Trotz des Hinweises von Christoph Kramer braucht Gladbach also wieder mehr Spielkultur. Das wird womöglich einfacher, wenn Tomas Cvancara seine Verletzung überwunden hat. Er ist im Vergleich mit Jordan der deutlich spielstärkere Angreifer. Und die Fohlen brauchen Tore.
Nur zwei Punkte nach fünf Spieltagen hat es bei Borussia Mönchengladbach schon lange nicht mehr gegeben, und drei Heimspielniederlagen zum Saisonstart sind ein Novum. Dass dennoch keine Panik im Borussia Park ausbricht, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen kommunizieren Sportdirektor Roland Virkus und Trainer Seoane unaufgeregt, zum anderen zeigt das Team auf dem Platz bisher, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Aber langsam müssen Punkte her. Sonst ist es mit der Ruhe am Niederrhein bald vorbei.