„Unser Fußball soll ehrlich sein“ Wie Borussia Mönchengladbach den Neuanfang angeht

Mönchengladbach · Der neue Kader der Borussia ist zweifellos stark besetzt, aber auch eine Wundertüte. Beim Aufbruch in eine bessere Zukunft ist Gladbach-Trainer Seoane vorsichtig optimistisch.

Gladbach-Trainer Gerardo Seoane wird als „echter Boss“ eingeordnet.

Foto: dpa/David Young

Gerardo Seoane hatte nachzuarbeiten. Die ersten Minuten, sagte der Trainer von Fußball-Erstligist Borussia Mönchengladbach vor Wochenfrist nach dem 7:0 im DFB-Pokal bei Fünftligist TuS Bersenbrück, hätten ihm gar nicht gefallen. Man sei nicht da, nicht frisch, nicht gierig gewesen. „Das“, sagte Seoane, „können wir uns gegen Augsburg sicher nicht leisten. Das werden wir besprechen.“ Das liegt hinter dem neuformierten Kader der Borussen, die offensiv durchaus zu überzeugen wussten im Pokal, bei aller Rücksicht auf den doch eingeschränkten Gegner. Aber: Das Risiko auf einen Ausrutscher bei den Augsburgern steigt im Vergleich mit dem Pokalspiel in Osnabrück gleich beträchtlich: In den vergangenen 16 Jahren konnten die Borussen beim FC Augsburg nur zwei Spiele zu ihren Gunsten entscheiden. Obendrein gewann der VfL nur eines der vergangenen 19 Auswärtsspiele in der Liga. Ist das aufgearbeitete und verabschiedete Vergangenheit oder auch noch Teil einer bitteren Gegenwart bei Borussia Mönchengladbach?

Man weiß das noch nicht so genau. Der neue Kader ist zweifellos stark besetzt, aber auch eine Wundertüte, weil vermeintlich dominierende Stützen wie Lars Stindl, Ramy Bensebaini, Jonas Hofmann oder Marcus Thuram weg sind, natürlich auch Yann Sommer, ehemaliger Torwart und Führungsspieler. Dazu ist das gesamte Umfeld um die Mannschaft runderneuert worden. Und auch Seoane, den man am Borussia-Park als „echten Boss“ einordnet, wo vorher ein netter Trainer wie Daniel Farke vielleicht zu viel Federn auch ob seines Charakters hatte lassen müssen, ist das, was Fan-Seelen bisweilen Sorgen, aber auch ganz viel Hoffnung macht: neu. In Augsburg wird sich erstmals zeigen, wie die Fohlenelf den jüngsten Verlust von Top-Spielern verkraften wird. Ob Akteure wie der Tscheche Tomas Cvancara, der Franzose Patrick Honorat, Robin Hack oder Maximilian Wöber auch auf dem glatten Parkett des Ligabetriebs ihren Mann stehen und andere, junge Profis nach vorne drängen, die in Gladbach ebenfalls in Vielzahl angelandet sind, um das zu leben, was einzige Erfolgsgeschichte des Vereins sein kann: junge Spieler besser und reifer zu machen und auf ihrem Höhepunkt für viel Geld zu veräußern.

Beim Aufbruch in eine bessere Zukunft ist Seoane vorsichtig optimistisch. „Unser Fußball soll ehrlich sein. Mal mehr, mal weniger attraktiv, aber die Spieler sollen immer alles auf dem Platz geben und sich stets gegenseitig unterstützen.“ Der Umbruch sei auch ein Prozess, der etwas Zeit benötigt und Geduld, sagte er weiter. „Ich bin aber davon überzeugt, dass uns der totale Support für die Raute nach vorne puschen wird.“ Sport-Geschäftsführer Roland Virkus ist voller Vorfreude, bleibt aber pragmatisch. „Diesen Umbruch wollte der ganze Klub, aber er ist noch größer geworden als erwartet. Wir gehen damit um. Punkt“, sagte er kürzlich der Westdeutschen Zeitung.

Klar ist: Bis auf die beiden Langzeitverletzten Christoph Kramer (Reha nach Innenbandanriss im Knie) und Manu Koné (Reha nach Knieverletzung) hat die Borussia keine Ausfälle zu beklagen, beide sind gerade erst wieder in Lauftraining eingestiegen. Seoane hat viel Respekt vor der Energie des Gastgebers. „Kurz vor dem Bundesligastart empfinden wir alle eine große Vorfreude. Es wird entscheidend sein, das Zweikampfniveau von Augsburg anzunehmen und dagegenzuhalten. Gegen den Ball müssen wir solidarisch verteidigen, in den Phasen mit Ball ist es wichtig, dass sich alle aktiv am Spiel beteiligen“, sagte er vor der Abreise. Beobachtet hat er, dass der FCA ebenfalls neu aufgestellt ist. „Die Augsburger haben in ihrem Spielstil einiges geändert. Sie pflegen derzeit eine gute spielerische Linie, haben ein gutes Kurzpassspiel und einen guten Spielaufbau. Es ist ein Prozess bei ihnen, diese veränderte Spielweise zu adaptieren.“ Ähnlich gilt das für Gladbach selbst. Offener war diese Begegnung selten.