Der Neuanfang in Mönchengladbach Wie Roland Virkus den Gladbacher Umbau sieht

Alles ist neu, aber ist es auch gut? Und was passiert noch? Die Gedanken des Sport-Geschäftsführers des Fußball-Erstligisten über Risiken des Geschäfts und neue Ziele am Niederrhein

Roland Virkus, Sport-Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das Trainingslager am Tegernsee ist absolviert, in heimischen Gefilden startet Borussia Mönchengladbach seine letzte Woche der Vorbereitung auf die neue Spielzeit. Am Samstag (15.30 Uhr) gastiert zur Saison-Eröffnung der französische Erstligist HSC Montpellier (Ex-Verein von Torwart Jonas Omlin) im Borussia-Park, am 11. August geht es in der ersten DFB-Pokal-Runde in Osnabrück gegen Fünftligist TuS Bersenbrück (Anstoß 18 Uhr) und am 19. August (15.30 Uhr) wird es mit dem Bundesliga-Auftakt beim FC Augsburg dann so richtig ernst. Sport-Geschäftsführer Roland Virkus nahm nun zu einigen Themen Stellung. So antwortete der 56-Jährige auf die Fragen...

...nach dem Trainingslager:
Ich habe viel Energie innerhalb der Mannschaft gespürt. Alle haben konzentriert und hart gearbeitet. Wichtig war zudem die Integration der Zugänge, die funktioniert in einem Trainingslager am besten. Überdies erfuhr Manu Koné am Tegernsee eine hervorragende Behandlung, sein Aufbautraining macht gute Fortschritte.

...nach dem Kader:
Wir haben einen recht jungen Kader, doch dieser Umbruch war aus mehreren Gründen alternativlos. Wir hatten den "Gladbacher Weg" verlassen. Nun glaube ich, dass wir insgesamt wieder einen guten Mix aus jungen und hungrigen Spielern sowie erfahrenen Akteuren besitzen. Mittel- und langfristig sehe ich uns in dieser Hinsicht gut aufgestellt, kurzfristig besteht ein gewisses Risiko.

...nach dem Risiko auf den Außenverteidigerpositionen, wo nach Lainers Erkrankung lediglich drei Spieler zur Verfügung stehen und diese zusammen nur 59 Jahre alt sind:
Es ist immer und auf jeder Position ein Risiko, junge Spieler ins kalte Wasser zu werfen. Aber wir vertrauen ihnen und sind überzeugt davon, dass sie sich schnell an die Bundesliga-Luft gewöhnen werden. Wir sprechen in Deutschland doch immer davon, Talente entwickeln zu müssen - dann muss man aber auch den Mut besitzen, diese spielen zu lassen. Überdies hat Joe Scally schon einiges erlebt, zudem könnte rechts Tony Jantschke einspringen oder der Trainer das System auf 3-5-2 ändern. Nein, man muss sich was trauen. Alle fordern in Deutschland mehr junge Akteure, dann muss man sie auch einsetzen und wenn Du sie einsetzt, dann musst du davon ausgehen, dass sie Fehler machen. Und dann musst du auch davon ausgehen, dass sie mal eine größere Delle haben. In dieser Phase gilt es, ihnen den Rücken zu stärken. Ich weiß, das dies schwer ist. Weil Fußball ein Ergebnissport ist, welches dann vielleicht mal nicht erzielt wird. Aber noch einmal: Wir werden unseren Talenten den Raum und die Zeit geben - denn genau das ist der Weg, den wir bei der Borussia wieder gehen wollen.

...nach dem nahenden Wechsel von Nico Elvedi zu den Wolverhampton Wanderers und jetzt perfekten Ausleihe bis 2024 von Maximilian Wöber von Leeds United:
Nico hat bei uns acht Jahre lang gute Leistungen gezeigt. Es ist nicht verwerflich, dass er nun etwas Neues ausprobieren möchte. Er hat uns offen gesagt, dass er gerne gehen möchte. Also gilt es in dieser Personalie jetzt, so schnell als möglich Klarheit zu schaffen. Die Erfahrung, die Max bei seinen bisherigen Vereinen, aber auch in der österreichischen Nationalmannschaft auf höchstem Niveau gesammelt hat, wird unserer jungen Mannschaft guttun. Er ist ein Spieler, der sich nicht scheut, Verantwortung zu übernehmen. Als Linksfuß ist er zudem auch in taktischer Hinsicht ein echter Zugewinn und kann sowohl in der Innenverteidigung, aber auch auf der linken Seite eingesetzt werden.Der Linksfuß fehlt bei uns in der Innenverteidigung seit Jahren, denn Nico hat als Rechtsfuß fast ausnahmslos auf der „falschen" Seite agiert.


...nach dem neuen Trainer Gerardo Seoane:
Gerardo ist ein offener und sehr kommunikativer Trainer. Er diskutiert häufig mit den Spielern, reflektiert sich aber auch selbst. Dass er sechs Sprachen beherrscht und so mit fast jedem Spieler in dessen Landessprache kommunizieren kann, schafft ein vertrauensvolles Verhältnis. Ich glaube nämlich, nur über Sprache lassen sich Emotionen transportieren. Des Weiteren nimmt Gerardo durch eine gute Ansprache jeden im Kader sowie auch jeden im Staff mit und besitzt für seine Assistenz-Trainer sowie dem gesamten Umfeld inklusive Fans eine hohe Wertschätzung. Dies alles stößt auf große Zustimmung.

...nach den Saison-Zielen:
Jetzt schon über Ziele zu sprechen, ist zu früh. Ich kann nur sagen, dass ich ehrlichen Fußball sehen möchte - dass die Jungs Herz und Seele auf dem Platz lassen. Zudem wünsche ich mir, dass die Mannschaft tagtäglich an ihren Schwächen arbeitet und sich dadurch verbessert. Es soll bei Borussia wieder verstärkt um die Entwicklung von Spielern gehen. Und das gilt nicht nur für die jungen Leute. Auch die erfahreneren Profis besitzen noch Potenzial, welches sie weiter ausschöpfen können. Deshalb sollten wir zunächst mal in Demut Fußball spielen. Es ist der größte Umbruch seit Jahren und es wird eine schwierige Saison werden. Es wird Phasen geben, in der wir auf unserem Weg auch von außen Unterstützung brauchen. Wir müssen erst einmal Stabilität in unser neues Konstrukt bringen und Punkte sammeln - da können wir jetzt nicht Platz sieben oder acht als Ziel ausgeben.