Der Mythos Borussia wankt
Der Kampf um die Macht beim Bundesligisten spitzt sich zu. Am 29. Mai entscheiden die Mitglieder über die Zukunft.
Mönchengladbach. Die Mannschaft kämpft ums Überleben in der Fußball-Bundesliga, die Klubführung unter Präsident Rolf Königs wird heftig attackiert. Und spätestens seit Stefan Effenberg seine Ambitionen als Sportdirektor einer vereinsinternen Opposition angemeldet hat, spitzt sich der Machtkampf im Klub zu. Am 29. Mai entscheiden die Mitglieder, wie es mit dem Klub weitergeht. Klar ist aber schon jetzt: Borussia wird nach diesem 29. Mai nicht mehr der Klub sein, der er über Jahrzehnte war.
Vom „Königreich“ sprechen diejenigen despektierlich, die die Machtstrukturen beschreiben, die der Textilunternehmer geschaffen habe, um seine Position unanfechtbar zu machen. Erst kürzlich bekräftigte Königs, auch im Abstiegsfall im Amt bleiben zu wollen. Gewählt ist er bis 2013. „Vielleicht mache ich auch darüber hinaus weiter“, sagte er jüngst. Königs hat den Klub finanziell saniert, erst als Vizepräsident unter Adalbert Jordan, nach dessen Tod als Präsident. Sportlich konnte sich der Klub unter seiner Führung allerdings nie stabilisieren. Neun Trainer und vier Sportdirektoren sind dafür beredtes Beispiel. Vor zweieinhalb Jahren sagte er zu einem möglichen Engagements von Stefan Effenberg im Klub: „Stefan Effenberg hat immer die Nähe zu Borussia gesucht. Seine Angebote zur Mitarbeit haben wir aber damals schon nicht angenommen. Und das sehe ich auch für die Zukunft so.“
Sie setzt sich zusammen aus einem Kreis von Borussia-Anhängern mit Vernetzung in der Wirtschaft. Neun Satzungsänderungen hat sie beantragt, mit dem Ziel, die Macht des Präsidenten zu beschneiden, den Klub zu professionalisieren. Das Präsidium soll den Verein repräsentieren und das Management der Borussia GmbH kontrollieren. Die Kernforderungen in einer neuen Satzung: — Präsident und Vizepräsidenten werden durch die Mitgliederversammlung bestimmt — Präsident und Vizepräsidenten sind Mitglieder des Aufsichtsrates der Borussia GmbH — Keine ehrenamtliche Tätigkeit in der Geschäftsführung der Borussia GmbH — Ein Mitglied eines Fanklubs wird Mitglied des Aufsichtsrates
Strategischer Kopf der Initaitive ist Norbert Kox, einst Vertrauter von Präsident Königs. Mit der Präsentation von Stefan Effenberg ist ihm ein emotionaler Coup gelungen. Die Ex-Borussen Berti Vogts und Horst Köppel gehören ebenfalls zu den Unterstützern der Initiative. „Ich wurde mehrmals angesprochen und höre mir auch alles an, entschieden habe ich mich aber noch nicht“, sagte Köppel, auf die Frage, ob er ein Amt übernehmen wolle. Am kommenden Dienstag will die Initiative weitere Personen präsentieren.
Die Mitgliederoffensive 2007/2011 besteht aus insgesamt neun Fans des Klubs, allesamt Mitglieder des Fanclubs Preußen ’93. Ihr Sprecher ist Michael Weigand. Die Mitgliederoffensive hat drei Satzungsänderungen beantragt.
Die brisanteste: Die Mitglieder sollen den für den Sport verantwortlichen Vize-Präsidenten künftig selbst bestimmen. Kommt die Mitgliederoffensive damit in der Versammlung durch, wankt die Position von Vize-Präsident Rainer Bonhof.
Bereits 2009 war die Mitgliederoffensive mit Änderungen der Satzung im Hinblick auf mehr Einfluss der Fans erfolgreich. Mit einer Zustimmungsquote von 85 Prozent. Zudem will die Offensive, dass der Vorsitzende des Fanprojekts dem Ehrenrat des Klubs angehört. Die Mitgliederoffensive beabsichtigt aber keine Führungspositionen im Klub zu besetzen.
Borussia Mönchengladbach hat 45 000 Mitglieder, zehn Prozent sind im Fanprojekt organisiert. Inhaltlich steht das Projekt der Mitglieder-Offensive näher als der Initiative Borussia. Die Revolution sei unerwünscht, das Fanprojekt fordert aber Wahlrecht für die Aufsichtsratmitglieder.
Im Fokus der Kritik steht Präsident Königs, dessen Kredit bei den Fans aufgebraucht ist. Matthias Neuman, Leiter Fanbetreuung, erinnert an die seit Jahren bestehende Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität. Mit dem Umzug ins neue Stadion habe Königs versprochen, der Klub spiele in drei Jahren im Europapokal. Stattdessen stieg er 2007 in die 2. Liga ab. „Wir haben genug von Luftschlössern“, sagt Neumann, und fordert eine Besinnung auf die „Fohlen-Philosphie“: Eigene Talente fördern, keine Millionentransfers. „Borussia ist ein Ausbilungsverein und soll es bleiben“, , sagt Neumann.