Druck auf Luhukay wächst
Trotz des 0:1 in Hamburg, der fünften Niederlage, stützt Gladbachs Sportdirektor Christian Ziege den Trainer.
Hamburg. Auch das letzte verzweifelte Aufbäumen verpufft wirkungslos. Das Spiel ist aus. Borussia Mönchengladbach hat abermals verloren. Der Absturz ans Tabellenende der Bundesliga ist für den Aufsteiger zur traurigen Gewissheit geworden.
Christian Ziege sitzt nach dem Abpfiff noch minutenlang auf der Bank am Spielfeldrand der HSV-Arena, zieht an einer Zigarette und starrt Löcher in die Luft. Der Sportdirektor der Gladbacher hält nach der 0:1-Niederlage des einstigen Schwergewichts der Fußball-Bundesliga für ein paar Momente inne. Dann zerdrückt er die Kippe mit dem Absatz und taucht Augenblicke später in der Mixed-Zone auf - das Fragen-Gewitter kann beginnen.
In Krisenzeiten ist schließlich nicht nur der Trainer ein dankbares Opfer für die schrille Medienwelt. Und so beeilt sich Christian Ziege, mal ganz schnell Klartext zu reden: "Jos Luhukay sitzt auch am Samstag gegen den 1. FC Köln auf der Bank." So weit, so gut.
Auf seinen "Zweitjob" an der Sporthochschule Köln angesprochen, fügt der Fußballtrainer in spe kurz und bündig hinzu: "Luhukay hat alle Unterstützung, die er jetzt braucht. Ich war seit vier Wochen nicht mehr in Köln, bin jeden Tag bei der Mannschaft. Mehr geht nicht." Ziege fährt ab sofort nicht mehr zweigleisig. Er hat seine Pläne, den Trainerschein zu machen und ihn im Frühjahr 2009 mit einem ordentlichen Abschluss zu Ende zu bringen, durch den wachsenden medialen Druck vorerst aufgegeben.
In Mönchengladbach herrscht nach der neuerlichen Niederlage Alarmstimmung. Der Absturz der Borussen ins Souterrain der Liga hat die Verantwortlichen des Traditionsvereins unerwartet schnell in die Enge getrieben - der deprimierende Pokal-Auftritt in Cottbus zudem zur Klimaverschärfung am Niederrhein beigetragen.
So birgt dann das Spiel gegen den rheinischen Rivalen Köln am Samstag enormen Zündstoff. Sollte der glücklose Cheftrainer Jos Luhukay, der mit seiner Mannschaft lediglich gegen Werder Bremen eine Sternstunde erlebte, jetzt nicht die Wende erzwingen, könnte die erste Trainerentlassung in Liga eins bevorstehen.
Mit einer für ihn untypischen Defensiv-Strategie - Fünferkette hinten, die Nationalspieler Marin und Neuville zunächst auf der Bank, eine Spitze - versuchte Luhukay seine eine Stunde lang verunsicherte und nur aufs Zerstören bedachte Mannschaft vor einem Debakel zu bewahren.
Doch einmal knackte der an diesem Tag wahrlich nicht glänzend auftrumpfende Hamburger SV den Gladbacher Abwehrriegel. Petric traf früh per Kopfball und widmete das Tor seinem zwei Tage zuvor geborenen Töchterchen Melina.
Auch Luhukays niederländischer Kollege Martin Jol, der den Sprung an die Spitze der Liga sichtlich genoss, wunderte sich ob der Zurückhaltung seines Kollegen: "Ich hatte Gladbach mit Marin und Neuville erwartet." Doch der Borussen-Trainer verteidigte seinen taktischen Schachzug vehement: "In unserer Situation gab es keine andere Wahl."
Jol hält nach der ersten "Tuchfühlung" mit der Bundesliga seine Mannschaft übrigens für spielerisch und mental stark genug, um ganz oben mitzumischen: "Es gibt aber sechs weitere Teams, die ähnliche Ambitionen haben wie wir."