Gladbach fährt Achterbahn
Nach anfangs starker Leistung bricht beim 3:3 in Bochum das Chaos aus.
Bochum. Ein schmächtiger Filigrantechniker von nicht einmal 60 Kilogramm, eines der Leichtgewichte der Bundesliga also, hat Borussia Mönchengladbach zum Bundesliga-Auftakt am Sonntag aus allen Träumen gerissen: Mimoun Azaouagh. Der in Marokko geborene Bochumer Mittelfeldspieler erlebte beim attraktiven 3:3 tief im Westen eine wahre Sternstunde. Er muss sich in seinem 90.Bundesligaspiel (elf Tore) kurz nach Wiederbeginn in etwa so gefühlt haben wie Weltstar Eric Clapton. Die Musiker-Legende hat nach einem Konzert in der Royal Albert Hall in London einmal gesagt, dass es ein großes Gefühl sei, Zehntausende auf der Bühne zu begeistern.
Auch Azaouagh hat mit dem ersten Doppelpack in seiner Profilaufbahn am Sonntag innerhalb von 48 Sekunden gezeigt, wie man die Herzen der Bochumer Anhänger erobert. "Der Trainer hat nur eine kurze Ansprache gehalten. Dann sind wir rausgegangen und haben uns geschworen, uns so nicht vorführen zu lassen. Wir haben den Willen gehabt und Moral bewiesen", sagte der 60-Kilo-Mann nach seinen beiden unhaltbaren Distanzschüssen zum 1:3 und 2:3, mit denen er die packende Begegnung in eine andere Bahn lenkte.
Wenig später ließ Mittelstürmer Stanislav Sestak (63.) noch den Ausgleich folgen, und hätte Christofer Heimeroth im Gladbacher Tor nicht noch mehrfach glänzend reagiert, wären alle guten Vorsätze der Borussen durchkreuzt worden. Denn nach Dantes Platzverweis (Notbremse) herrschte immer wieder das reinste Chaos im Gäste-Strafraum.
Der Traum vom ersten Auswärtssieg der Niederrhein-Elf in Bochum seit 1987 hat sich also nicht erfüllt. Emotional aufgewühlt ließ Cheftrainer Michael Frontzeck nach seiner Premiere die 90 Minuten noch einmal Revue passieren: "Die erste Hälfte war fast perfekt. Unsere Tore waren ja keine Zufallsprodukte, sondern durchdacht vorbereitet und schön herausgespielt." Aber dann: Als Karim Matmour, der in den zunächst gut ineinander greifenden Mechanismen Gladbachs Schwachpunkt war, das 4:0 kläglich vergab, gab es abrupt einen Riss im Spiel. "Unglaublich, deshalb bin ich auch nicht zufrieden. Es hätte ja sogar noch schiefgehen können", erklärte Michael Frontzeck.
Gladbach spielte vor der Pause schön und erfolgreich. Und wähnte sich nach zügigem Kombinationsspiel und Toren von Arango, Colautti und Brouwers schon im siebten Himmel - bis dieser feine, fast zarte Techniker namens Mimoun Azaouagh wie aus dem Nichts auftauchte.