Borussia Mönchengladbach Gladbachs Jonas Hofmann im Interview: „Wir müssen alles raushauen“
Gladbachs Mittelfeldspieler Jonas Hofmann steht ein brisantes und emotionales Bundesliga-Finale bevor. Wir haben mit ihm über das Saisonfinale gegen seinen Ex-Club, seinen Schwiegervater und den badischen Dialekt gesprochen.
Jonas Hofmann steht ein brisantes und emotionales Bundesliga-Finale bevor. Für den 26-Jährigen geht es mit Borussia Mönchengladbach um die Qualifikation für die Fußball-Champions-League. Gegner am Samstag ist sein früherer Verein Dortmund, der noch eine kleine Chance auf die Meisterschaft hat (15.30 Uhr/Sky).
Herr Hofmann, die Frage, die Deutschland bewegt gleich zu Beginn: Wer holt den Titel?
Jonas Hofmann: Ich denke, dass Bayern München deutscher Meister wird.
Das geht ja auch nicht anders, weil ihr früherer Club Dortmund gewinnen müsste und Sie mit Gladbach sicher etwas dagegen haben ...
So sieht es aus: In erster Linie haben wir uns vorgenommen zu gewinnen, um die Champions-League-Teilnahme zu sichern. Dass es ein schweres Stück Arbeit wird, ist klar. Wir müssen alles raushauen im letzten Spiel der Saison, um die drei Punkte hier zu behalten.
Denken Sie, dass es gegen Dortmund besonders schwer werden könnte, weil der BVB noch eine Titel-Chance hat?
Es hätte schon entschieden sein können, klar. Aber ich glaube nicht, dass sich die Bayern das am letzten Spieltag zu Hause nehmen lassen. Frankfurt ist aktuell auch nicht in bester Verfassung. Vielleicht sind sie auch noch ein bisschen angeschlagen durch das Ausscheiden in der Europa League, außerdem haben sie das Derby gegen Mainz verloren. Sie werden aber sicher heiß sein, den Bayern die Meisterschaft zu nehmen, aber die sind umgekehrt bestimmt schon heiß aufs Double.
Gönnen würden Sie es Dortmund wohl. Sie waren lange da, haben vor der Südtribüne Ihr erstes Bundesligator erzielt ...
Ich verbinde mit Dortmund eine sehr schöne Zeit, weil ich da zum Mann gereift bin, meine erste eigene Wohnung hatte, dort auch noch zur Schule gegangen bin. Ich habe noch ein wenig Kontakt – zum „Staff-Bereich“, zu Marco Reus und zu Marcel Schmelzer.
Ein großes Thema diese Saison war der Videobeweis: Wie sehen Sie die Thematik?
Puh, ob man beim Handspiel jemals eine Lösung findet? Das ist schwierig. Es wird ein ewiges Streitthema bleiben, denn zu sagen, jedes Handspiel ist ein Elfmeter, wäre auch der falsche Weg. Oft gibt es noch mehr Diskussionen als vorher: Häufig ist die Umsetzung sehr problematisch, aber ich habe dafür auch keinen Lösungsansatz.
Würden Sie den Videobeweis beizubehalten?
Also, ich glaube, viele frühere Befürworter würden ihn inzwischen abschaffen. Aber man muss sagen, dass viele Situationen korrekter entschieden werden.
Gladbach hatte eine traumhafte Vorrunde, danach lief es zäh, aus der Heimstärke wurde eine Heimschwäche. Wie gehen Sie mit diesem Abschwung um?
Man versucht natürlich, so schnell wie möglich, die Heimmisere zu durchbrechen. Man sollte es nicht so nah an sich ranlassen. Ich kann mit den Statistiken auch nicht so viel anfangen. Ob zu Hause oder auswärts, wichtig ist, dass wir die Punkte holen. Immerhin stehen wir vor dem letzten Spieltag auf Platz vier, ich glaube, das hatten uns viele nicht mehr zugetraut.
Über die Jahre hatten sie immer wieder Verletzungsprobleme: Wie schafft man es, sich da nicht runterziehen zu lassen?
Ich war zwei- oder dreimal für zwei, drei Monate raus. Da muss man dann versuchen, schnellstmöglich die Reha anzunehmen und voll konzentriert darauf zu sein. Wenn man auf Gehhilfen angewiesen ist, heißt es Reha machen und ansonsten ausruhen. Man lernt seinen Körper besser kennen: Wenn man dann wieder fit ist, kann man Anzeichen einer Verletzung besser erkennen.
Was lenkt Sie ab?
Ich gucke viele Serien: „Game of Thrones“ zum Beispiel, oder „Suits“. Ich lese gerne etwas über berühmte Persönlichkeiten, was sie erlebt haben, was sie berührt hat. Aktuell bin ich noch an der Biografie von Andre Agassi.
In Gladbach ist es für Sie erst gelaufen, als Ende 2016 Dieter Hecking kam: Nun muss er Marco Rose Platz machen ...
Wir sind alle sehr gut klargekommen mit unserem jetzigen Trainer: Dieter Hecking ist einfach sehr familiär, er hat fünf Kinder. Er versteht es auch bei uns, die richtigen Worte zu finden.
Neuer Schalke-Trainer wird David Wagner, dem Sie mit 18 Jahren zu Dortmund II folgten ...
Ich hatte ihn schon in der Jugend in Hoffenheim als Trainer, er hat mich dann nach Dortmund geholt: Das war eine Super-Konstellation, auch weil er Trauzeuge von Jürgen Klopp war, der bei den Profis tätig war. Sein Aufstieg mit Huddersfield hat mich riesig gefreut, ich habe das immer verfolgt. Es freut mich, dass er wieder in der Nähe ist, da können wir uns wieder auf einen Kaffee treffen. Christoph Bühr, den er als Co-Trainer dabei hat, war übrigens in Sinsheim ein Lehrer von mir.
Jürgen Klopp hat Ihnen 2012 kurz vor Weihnachten beim 3:1 in Hoffenheim die ersten Bundesliga-Minuten beschert ...
Genau, ich wurde für Mario Götze eingewechselt. Das war ein Riesenerlebnis, ausgerechnet in Hoffenheim. Kloppo kam nach dem Spiel zu mir und hat gesagt, ich hätte schon mehr erreicht als er, hätte ja ein Bundesligaspiel mehr.
Nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 hat Bundestrainer Joachim Löw Sie dann im September als Kandidat für die Nationalmannschaft genannt: Was hat das mit Ihnen gemacht?
Man kriegt das mit, es macht einen stolz, aber man will dann auch, dass es so weit kommt. Nur hat mich dann wieder eine kleine Verletzung zurückgeworfen. Schade, aber dann muss man eben daran arbeiten, dass man den Bundestrainer noch einmal auf sich aufmerksam macht.
Ihr Schwiegervater Werner Weber ist Bürgermeister von Sternenfels: Inwieweit tauschen Sie sich über Ihr teilweise öffentliches Leben aus?
Wir sehen uns hin und wieder: Da wird dann viel darüber gesprochen, auf was man achten muss, wie sich das Leben vielleicht ein bisschen verändert hat. Du bist im Fokus und viele schauen zu dir auf: Fußballer sind in jedem Fall für viele kleine Kinder Vorbilder. Deshalb ist es wichtig, wie wir Profis uns in der Öffentlichkeit verhalten. Das ist bei meinem Schwiegervater sicher ähnlich.
Möchten Sie etwas dazu sagen, wie es ihm geht, nun, da er als späte Folge eines Autounfalls gerade sein Amt ruhen lassen muss?
Meine Frau war zu Hause bei der Familie, sie haben ihn dann gemeinsam in der Reha besucht. Es gibt Schöneres im Leben, ich hoffe für ihn, dass er wieder so auf die Beine kommt, wie er es sich wünscht. Vielleicht hilft es ihm, noch im Hinterkopf zu haben, wie es war, als ich meine Verletzung hatte.
Sie sind nicht der einzige Badener in Mönchengladbach: Lars Stindl ist Kapitän. Und Vincenzo Grifo, gerade als Leihspieler beim SC Freiburg, war auch ein Jahr da: Habt Ihr einen besonderen Draht zueinander?
Es ist witzig, wenn wir in der Kabine mal tiefstes Badisch sprechen und uns kein anderer so richtig versteht. Mit „Vince“ habe ich noch guten Kontakt.
Sie haben gerade bis 2023 in Gladbach verlängert, bei Grifo ist noch die Frage, was der nächste Karriereschritt ist ...
Ich fühle mich einfach wohl hier und habe nicht vergessen, dass der Verein immer zu mir gestanden hat. Bei „Vince“, denke ich, dass er den Schritt zurück macht: Wenn Hoffenheim in die Europa League kommt, gibt es mehr Spiele, dadurch kommen mehr Spieler zum Einsatz. Und ich glaube, er hat den Anspruch, dort den Durchbruch zu schaffen.
Sind Sie nach dem letzten Ligaspiel gleich im Urlaubsmodus?
Wir fliegen am Sonntag nach China und dann während des DFB-Pokalfinales zurück. Im Urlaub bis Ende Juni werde ich wahrscheinlich auf Mallorca sein, danach in New York, außerdem bei einem Junggesellenabschied und mit meiner Frau in der Karibik.
Reizt Sie trotz dieser Vorhaben, das Champions-League-Finale mit Ihrem Ex-Trainer Klopp?
Wahnsinn, dass er es zum dritten Mal geschafft hat. Ich würde es ihm von Herzen gönnen, den Henkelpott zu holen. Ich sehe Liverpool gegenüber Tottenham auch ganz klar im Vorteil. Allerdings haben wir ja gesehen, dass alles möglich ist.
Wie haben Sie Jürgen Klopp erlebt?
Er ist absolut ein besonderer Motivator: Kloppo schafft es einfach, eine Mannschaft so zu formen, dass sie extrem gierig auf Erfolg ist. Als er das Gegen-Pressing eingeführt hat, als Dortmund dann in den Meister-Saisons überragend gespielt hat, das war schon außergewöhnlich. So wie er in der Coaching-Zone zu Werke geht, ist er als Mensch: voller Adrenalin. Aus der Zeit mit ihm habe ich auch extrem viel mitgenommen.