Heilsbringer im Designer-Anzug

Stefan Effenberg wirft den Hut in den Ring. In Mönchengladbach erreicht der Machtkampf einen neuen Höhepunkt.

Düsseldorf. Der graue Designer-Anzug sitzt tadellos, seine Worte wirken bedacht, der Blick von Stefan Effenberg verrät große Entschlossenheit. „Es muss definitiv etwas geschehen bei Borussia Mönchengladbach“, sagt der 42-Jährige. Kurze Pause. Dann fährt der Tiger seine Krallen aus und markiert das Revier.

Im Tagungsraum eines Düsseldorfer Nobel-Hotels verkündet „Effe“, dass er der neue starke Mann in Gladbach werden will. „Ich stelle mich nicht nur für das Amt des Sportdirektors, sondern auch als Vorsitzender der Geschäftsführung zur Verfügung. Es müssen Veränderungen her. Die Fans müssen wieder mit Spaß, Freude und Stolz ins Stadion gehen. Borussia ist für mich eine Herzensangelegenheit.“

Der Machtkampf beim vom dritten Abstieg bedrohten VfL Borussia erreicht einen neuen Höhepunkt. Effenberg, dessen Namen viele Anhänger immer noch elektrisiert, geht als neues Zugpferd der „Initiative Borussia“ ins Rennen.

Das Bündnis aus Unternehmern und Wirtschafts-Vertretern strebt bei der Jahreshauptversammlung am 29. Mai mehrere Satzungsänderungen an und will die Führungsmannschaft um Präsident Rolf Königs entmachten. Die erforderlichen Anträge wurden bereits im Dezember eingereicht und müssen von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder abgesegnet werden.

„Wir sind der Meinung, dass es Borussia sportlich nicht gut geht“, sagt Initiative-Sprecher Norbert Kox. Der Klub könne in der heutigen Zeit nicht von einem ehrenamtlichen Präsidium geführt werden und müsse sich an Strukturen wie denen von Branchen-Primus Bayern München orientieren. Ihr gesamtes „Schatten-Kabinett“ will die Initiative am 3. Mai der Öffentlichkeit vorstellen.

„Die Seele hier in diesem Verein wird mit Sicherheit nicht verkauft. Dafür stehe ich und gebe den Fans mein Wort“, sagt Effenberg, der seine Spieler-Karriere 1987 bei der Borussia begann und 1995 mit dem Pokalsieg den letzten Titel an den Nieder-rhein holte.

In einem handgeschriebenen Brief, der an die Fanklubvertreter geschickt wurde, bittet der ehemalige Nationalspieler und Champions-League-Gewinner die VfL-Treuen: „Gebt mir das Vertrauen. Jetzt oder nie.“

Nach intensiven wochenlangen Überlegungen habe er sich dazu entschlossen, der Initiative anzuschließen. Am Ostersamstag hatte Effenberg, der zurzeit bei einem Trainer-Lehrgang die A- und B-Lizenz erwirbt, noch als TV-Experte den 1:0-Triumph der Gladbacher gegen Spitzenreiter Dortmund erlebt.

„Als ich aus dem Stadion gegangen bin, haben mich mindestens zehn Leute angesprochen und gesagt: Stefan, komm zurück — unsere Stimme hast du.“ Der Druck auf die Entscheider im Borussia-Park nimmt zu.

Noch sitzt Präsident Königs, der Effenberg einst vor Jahren die kalte Schulter zeigte und bis 2013 gewählt ist, unbeirrt im Sattel. Zum Frontalangriff der „Initiative“ meint der 69-Jährige: „Es ist der sportlichen Leitung und unserer Mannschaft hoch anzurechnen, dass wir trotz dieser Unruhe die Chance auf den Klassenerhalt gewahrt haben.“

Weltmeister Rainer Bonhof ergänzte gereizt: „Wem Borussia wirklich am Herzen liegt, der geht in dieser Situation, drei Wochen vor dem Saisonende, nicht mit solchen Themen an die Öffentlichkeit.“

Effenbergs Konter ließ nicht lange auf sich warten: „Die Fans wissen doch, was Herr Königs immer gesagt hat: Dass er sich am sportlichen Erfolg messen lassen will. Und das muss er jetzt auch machen.“

Das letzte Wort haben Ende Mai Borussias Mitglieder. Es könnte eine dramatische Veranstaltung werden.