Thomas Tuchel: Der Bayern-Bezwinger
Vor vier Wochen trainierte Thomas Tuchel noch eine Jugendmannschaft. Am Freitag spielt der einstige Borussen-Fan mit Mainz in Mönchengladbach.
Mönchengladbach. Irgendwie geht das alles sehr schnell momentan im Leben von Thomas Tuchel. Dabei hatte der Mainzer Trainer jüngst gesagt: "Jetzt lebe ich meinen Traum." Kurz zuvor hatten sie ihm in Mainz das Amt eines Bundesligatrainers anvertraut. Da ahnte wohl niemand außer ihm selbst, wie er das gemeint hatte mit dem Traum.
Gerade erst besiegte er die Bayern mit 2:1. Es war sein drittes Spiel als Trainer einer Bundesligamannschaft. Tuchel ist gerade 35 Jahre alt. Aber nicht mehr lange. Verraten wird er nicht, wie er seinen Geburtstag am Samstag feiern wird. Nur so viel ist sicher. Er wird dann im Mannschaftsbus seines Vereins sitzen. Auf der Rückreise vom Bundesligaspiel in Mönchengladbach am Freitag. Und es ist nicht auszuschließen, dass er und seine Mannschaft dann immer noch ungeschlagen sind.
Die Reise nach Mönchengladbach aber wird für Tuchel die vielleicht schwierigste Bewährungsprobe im neuen Amt. Dagegen war der Erfolg gegen die Bayern ein Kinderspiel und Balsam auf die Seele. Ein bisschen hat sich Tuchel so auch gerächt.
Denn der Teeanger Tuchel ist Gladbach-Fan. Er war 14 Jahre alt, hat geheult als der FCBayern den Trainer Heynckes 1987 vom Bökelberg wegholte. Den Kollegen Heynckes traf er zum Saisonauftakt, spielte 2:2 gegen Leverkusen, wie es mit den Bayern ausging ist ja bekannt. Und nun die Borussia.
Deren Trainer Michael Frontzeck sagt auf Mainz angesprochen: "Die kommen mit Selbstvertrauen. In jeder Stadt wird immer ein Riesen-Bohei gemacht, wenn du die Bayern schlägst. Man muss mit allem rechnen." Um wenig später nachzuschieben: "Wir sind auf alles vorbereitet." Das ist auch eine Art der Frustbewältigung nach dem 0:3 von Bremen, dass den guten Saisonstart der Gladbacher mit vier Punkten relativiert hat.
Sieben Gegentore in drei Spielen ist nicht das Maß, um eine möglichst sorgenfreie Saison außerhalb der Abstiegszone spielen zu können. Daher kehrt nach abgelaufener Sperre der Brasilianer Dante auf den Rasen zurück. Für ihn muss Thomas Kleine weichen. Möglicherweise beruft Frontzeck Stürmer Rob Friend in den Kader. Fünf Monate hatte der an einer Fußverletzung laboriert.
Die Gladbacher dürfen sich nicht nur auf einen selbstbewusst auftretenden Gegner, sondern auch auf ein sehr laufintensives Spiel vorbereiten. Das ist die Art von Fußball, die der Trainer Tuchel spielen lässt: aggressiv nach vorne verteidigen, Ordnung gegen den Ball, schnell und flach in die Spitze spielen.
Derart hat auch Tuchel seine Karriere vorangetrieben. 2007 machte er den Fußball-Lehrer, zwei Jahre später war er Deutscher Meister mit den A-Junioren der Mainzer. Ein Jahr betreute er die Mannschaft erst. Arbeitsnachweis genug, um für den Cheftrainerposten auserwählt zu werden, auf dem in Mainz immer noch der lange Schatten von Jürgen Klopp liegt.
Manager Christian Heidel hatte den jungen Trainer schon länger im Hinterkopf. Man suchte in Mainz keinen, der genauso sei wie Klopp, sondern jemanden, "der so denkt wie Klopp", sagte Präsident Harald Strutz. Unter Tuchels Vorgänger Jörn Andersen verkümmerte in Mainz das Gefühl für Fußball zusehends. Tuchel hat Emotion und Leidenschaft wieder geweckt.