Zuversicht keimt im Borussia-Park auf Gladbachs Reifeprozess der kleinen Schritte

LEIPZIG/MÖNCHENGLADBACH · Die Fohlen Elf hat den Spaß an der Defensivarbeit entdeckt und etabliert sich im Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle. Der Trainer schaut optimistisch nach vorne.

Leipzigs Christoph Baumgartner (r.) und Gladbachs Rocco Reitz im Zweikampf.

Foto: dpa/Jan Woitas

Die depressive Grundstimmung ist erst einmal verflogen, immer mehr Zuversicht keimt im Borussia-Park auf. Auch das vierte Ligaspiel in Folge endete erfolgreich. Zwei Siege, zwei Unentschieden, Rang neun gefestigt und ein Heimspiel vor der Brust – die Mini-Serie ist ausbaufähig, und das Unentschieden der Fohlen-Elf beim Tabellenzweiten RB Leipzig am vergangenen Wochenende dürfte dem Team von Gerardo Seoane in den kommenden Wochen weiter Halt geben. Der Trainer der niederrheinischen Borussia, strenger Hüter des Entwicklungs- und Reifeprozesses an der Hennes-Weisweiler-Allee, sonst eher dezent zurückhaltend statt angriffslustig, schaut optimistisch nach vorne. „Wir haben insgesamt den Eindruck, dass wir uns in eine gute Richtung entwickeln“, sagte er nach der Parte in der Leipziger Arena, „ob in punkto Intensität, Ballbesitz, eigene Tormöglichkeiten oder zugelassene Chancen des Gegners. Es hat gepasst.“ Sieh an, sieh an, Seoane geht voran. Warum auch nicht?

Was in der sächsischen Metropole besonders positiv ins Auge stach: Die Gladbacher vermittelten von Beginn an den Eindruck, dass sie nicht erpicht waren, in Leipzig nicht verlieren zu wollen, sondern alles daransetzten, um unbedingt drei Punkte einzuheimsen. Dabei entpuppte sich wie schon zuletzt gegen Werder Bremen (4:1) der junge Rocco Reitz als inspirierender Faktor und dynamischer Antreiber mit pfiffigen Ideen. „Ich habe ein gutes Gefühl, dass der positive Trend anhält. Das nächste Spiel gegen St. Pauli wollen wir selbstbewusst angehen und so weitermachen wie zuletzt.“

Setzte Borussia Mönchengladbach vor der Pause durch einen beherzten Auftritt und beachtlicher Überlegenheit die Akzente, so zeigte sie sich in den zweiten 45 Minuten von einer anderen, bis dato noch nicht so klar definierten Seite. Um dem Druck der Leipziger, die nach und nach auf Touren kamen, standzuhalten, entdeckten die Borussen die Lust und den Spaß an der Defensivarbeit, blühten in dieser wichtigen Disziplin regelrecht auf. Allen voran der Ex-Unioner aus der Hauptstadt: Marvin Friedrich war der Fels in der Brandung und zeigte sein bisher bestes Spiel im Trikot von Borussia Mönchengladbach (seit Januar 2022).

Dass der Tabellenzweite Gladbachs Keeper Moritz Nicolas nur einmal richtig forderte, war auf die rigorose Arbeit von Friedrich, Itakura und den anderen „Defensiven“ zurückzuführen. Aber selbst ein Vollblutstürmer wie Tim Kleindienst scheint dafür geschaffen zu sein, und so sah man bei ihm ein Funkeln in den Augen, als er das Spiel und „Gladbachs Weg“ analysierte. „Wir haben in der zweiten Hälfte viel geleistet, die Räume eng gemacht und sehr gut verteidigt. Die Jungs haben das großartig gemacht“, sagte er. Kleindienst weiter: „So sind wir imstande, auch andere große Teams an den Rand einer Niederlage zu bringen. Wir haben keine sinnlosen Fehler gemacht und unser Spiel letztendlich durchgesetzt. In Leipzig wohlgemerkt. Das war der Schlüssel und sollte uns auf jeden Fall Aufschwung geben.“

Leipzigs Trainer Marco Rose, der zwei Jahre (von 2019 bis 2021) in Mönchengladbach als erfolgreicher Trainer das Zepter in der Hand hielt und Gladbach in der ersten Saison in die Champions League führte, konnte sich mit dem Remis anfreunden. „Alles in allem war es ein gerechter Ausgang.“

Da auch die 4000 mitgefahrenen Fans von Borussia Mönchengladbach das torlose Remis lautstark bejubelten, dürfte die Stimmung im Borussia Park in diesen Tagen eine ganz andere sein als bei der ersten Länderspielpause im Oktober. Damals ging es nach einer enttäuschenden 1:2-Niederlage in Augsburg mit langen Gesichtern in die Pause.

Am Freitag überbrückt die Mannschaft die Unterbrechung im Liga-Alltag erst einmal mit einem interessanten Testspiel gegen Zweitliga-Aufsteiger Preußen Münster (13 Uhr). Acht Nationalspieler auf diversen Ebenen werden allerdings fehlen, unter anderem Tim Kleindienst (A-Nationalmannschaft) und Rocco Reitz (U 21). Bis zum nächsten Bundesligaspiel gegen den FC St. Pauli (Sonntag, 24. November, 17.30 Uhr) im bereits ausverkauften Borussia-Park sind es noch elf Tage. Zeit genug, um bei Laune zu bleiben, die gute Form zu konservieren und zuversichtlich nach vorne zu schauen. „Es war wichtig, dass die Mannschaft weiß, dass sie zu null verteidigt hat. Einem Topteam wie RB Leipzig über 90 Minuten nur eine echte Torchance zu gestatten, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, erwähnte Sport-Geschäftsführer Roland Virkus noch, „aber wir müssen demütig bleiben und uns konzentriert auf die nächste Aufgabe vorbereiten. Mit dem Ziel, den FC St. Pauli zu schlagen.“