„Bist Du auf Fifa?“ Wie ehemalige Gladbach-Kapitäne Grundschüler zum Sport motivieren wollen

Interview | WUPPERTAL/KREFELD · Zwei ehemalige Kapitäne von Borussia Mönchengladbach wollen Grundschüler in Wuppertal, Krefeld und weiteren Städten zum Sport animieren. Marcel Witeczek erklärt im Interview, worum es geht – und wie die Herausforderungen dabei aussehen.

 Grundschüler trainieren mit den Ex-Fußballprofis Marcel Witeczek (l.) und Michael Klinkert.

Grundschüler trainieren mit den Ex-Fußballprofis Marcel Witeczek (l.) und Michael Klinkert.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

. Im Verein ist Sport am schönsten. Dieser Werbeslogan des Deutschen Sportbundes aus den 70er Jahren hat Aufforderungscharakter. In Deutschland gibt es über 92 000 Sportvereine mit etwa 24 Millionen Mitgliedern. Es ist die größte Bürgerbewegung des Landes. Jugendliche und Kinder lernen soziale Kompetenz, Gruppenverhalten, Rücksicht nehmen. Es gibt Spielregeln, Siege und Niederlagen. Das alles wird bereits praktiziert in Kooperationen von weiterführenden Schulen mit Vereinen. Noch früher setzt die so genannte „Borussen-Tour“ an. Seit 2016 veranstaltet die die AOK Rheinland/Hamburg in Grundschulen. Die Krankenkasse ist Gesundheitspartner des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach und hat in Marcel Witeczek und Michael Klinkert zwei ehemalige Kapitäne der Borussia angestellt, die die Borussen-Tour an 36 Standorten umsetzen, darunter in Wuppertal, Krefeld, Solingen und Remscheid. Start ist am 6. März an einer Grundschule in Moers, die Tour endet am 1. Juni an der Astrid-Lindgren-Schule in Erkelenz.

Herr Witeczek, was machen Sie an den Grundschulen?

Marcel Witeczek: Es geht nicht vordergründig um ein Training. Wir sind da, um zu motivieren, damit die Schülerinnen und Schüler sich sportlich betätigen. Nicht an allen Grundschulen gibt es qualifizierte Sportlehrer.

Wie gehen Sie da vor?

Witeczek: Wir versuchen, Interesse für den Sport zu wecken. Daher erzählen wir auch gerne zuerst, wer wir sind, weil uns die Schülerinnen und Schüler natürlich eher nicht kennen. Wie sind wir Profis geworden? Was haben wir erlebt? Was hat uns der Sport gegeben, was haben wir alles dabei gelernt? Wir sind also Geschichtenerzähler für den Sport und aus dem Sport.

Wie kommt das bei den Schülern an?

Witeczek: Ganz unterschiedlich. Und man wird auch immer überrascht von Reaktionen. Einmal hat mich ein Junge gefragt, als ich aus meiner Karriere erzählt habe: „Bist Du bei Fifa?“ Ich wusste zuerst überhaupt nicht, was er meint.

Kinder zocken früh an der Konsole, organisieren sich da ihre Idole.

Witeczek: Und dann stehen wir, die sie nicht kennen, vor ihnen.

Sie sind dann Mittler zwischen den Welten im Netz und in der Schule.

Witeczek: Wenn uns das gelänge, wäre das nicht schlecht. Aber das, was die Konsole immer kann für die jungen Menschen, können wir natürlich nicht bei unserem Besuch in einer Stunde.

Wie steht es um die körperliche Konstitution der Grundschülerinnen und Grundschüler?

Witeczek: Die gesellschaftlichen Verhältnisse fördern stark das Konsumieren – da gibt es deutliche Fehlentwicklung bei elektronischen Geräten, Handys und dem Essen. Und alles ist durch Corona noch verstärkt worden. Für uns steht der Aspekt der Prävention im Vordergrund. Wenn Kinder Sport treiben, sind sie fit, bleiben das auch länger, und beugen ansonsten früh Krankheiten vor.

Was machen sie konkret auf der Borussen-Tour?

Witeczek: Wir sind einen Vormittag an der Grundschule, es gibt meist drei Gruppen mit je 30 Schülerinnen und Schüler, rund 60 Minuten sind wir dann mit jeder Gruppe  zusammen. Wir reden erst über uns, dann wird sich aufgewärmt, es gibt ein Spiel, um die Koordination zu schulen. Eine weitere Sequenz ist ein Fußballspiel. Am Schluss kommt dann der Speedometer zum Einsatz.

Das ist was?

Witeczek: Eine Art Schusstraining, bei dem mit einem Messgerät erfasst wird, wie schnell der Ball fliegt, welche Geschwindigkeit er hat, also letztlich, wie hart der Schuss ist.

Im Sport wird man belohnt, wenn man mitmacht – und für gute Leitungen.

Witeczek: Die, die mitmachen, bekommen eine Urkunde, Autogramme von uns und ein Foto. Auf der Borussen-Tour werden vier Schulen prämiert, der erste Preis ist ein Besuch eines Bundesligaspiels von Borussia Mönchengladbach für rund 30 Personen. Von Platz zwei bis vier gibt es eine Stadionführung im Borussia-Park mit Foto.

Was wird denn prämiert?

Witeczek: Kreativität, gemeinschaftliches Auftreten oder Einfallsreichtum, wenn wir kommen.

Was wäre das?

Witeczek: Zuletzt hatte eine Grundschule in Köln den ganzen Straßenzug, an dem sie liegt, mit Gladbach-Wimpeln geschmückt.