Bayern grüßt von oben

München spielt in Leverkusen überlegen wie lange nicht, trifft nur einmal ins Tor und erobert dennoch die Tabellenführung.

Leverkusen. Es ist nicht ganz einfach, gegen alle Gesetzmäßigkeiten zu argumentieren. Dann, wenn die pure Verschwendung an Chancen in nur einem Punkt mündet und das Gefühl aufkommen könnte, der Verlierer zu sein.

Aber diesen Gang nach Canossa würden die Bayern nie gehen. Zu Wiesn-Zeiten ohnehin nicht. Und so gab Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge unmittelbar nach dem 1:1 bei Bayer Leverkusen vor dem gestrigen Volksfestbesuch die Parole aus: Feuer frei für die Wiesn.

Also, kein Lamentieren, kein Hadern mit dem Schicksal. Trotz 27 Schüssen, 14 Ecken, 70 Prozent Ballbesitz, einer Passquote von 88 Prozent. Dem Bayern-Spiel der Superlative beim 1:1 in Leverkusen fehlten nur Tore. „Es gibt so Tage“, sagte Rummenigge sichtbar gelassen. „Tabellenführer sind wir trotzdem. Das war unser Ziel vorher.“

Die Bayern haben in Leverkusen einfach da weitergemacht, wo sie bei ihrer Gala in Manchester beim 3:1 gegen City aufgehört hatten. Gemessen am spielerischen Glanz. Selbst Trainer Pep Guardiola grollte nicht nach dem Festival der verpassten Chancen.

„Manchmal kann das passieren“, sagte der Spanier und wirkte dabei nicht einmal traurig. Guardiola befand: „Während meiner Zeit bei Bayern war das das beste Spiel. Ich mag es, wenn meine Mannschaft spielt wie heute.“

Dabei ist der verschwenderische Umgang der Spieler mit ihren Torchancen der wohl augenfälligste Makel einermit Spielfreude und Dominanz auftretenden Einheit. Wirkliche Sorge bereitet dieser Umstand aber zumindest Rummenigge nicht.

Das Entscheidende nach seiner Erfahrung ist: „Man muss gut Fußball spielen. Und das tun wir auf absolutem Top-Niveau.“ Und damit an diesem Abend das Diskutieren ein Ende fand, preschte der Bayern-Boss als Meinungsführer vor und prognostizierte: „Ich sage heute voraus, wir werden bald ein Spiel haben, da werden alle wieder schreiben — die Dusel-Bayern. Heute war es mal umgekehrt. Heute war’s Dusel-Bayer.“

Und das war ein Satz voller Güte und Milde. Leverkusen war beinahe wehrlos — mit und ohne Ball, nutzte aber den Moment, in dem Torhüter Manuel Neuer einen Fehler produzierte und eine Flanke statt zu fausten mit der Hand nur wegwischte — vor die Füße von Sebastian Boenisch.

Dessen abgewehrten Schuss schob Sidney Sam ins leere Bayern-Tor - nur zwei Minuten, nachdem Toni Kross (29.) ein perfektes Zuspiel von Franck Ribéry zur Führung genutzt hatte.