Europa abgehakt - 96 sucht konfliktbereiten Manager
Hannover (dpa) - Jörg Schmadtke weg, Europa adieu, die Mannschaft mutlos und die Fans zerstritten - Hannover 96 wirkt vier Runden vor Saisonschluss wie ein angeknockter Boxer.
Die Gesamtsituation beunruhigt Martin Kind. „Wenn man die Rückrunde sieht und aktuelle Entscheidungen, dann erkennt man deutliche Probleme“, erklärte der 96-Clubchef nach dem bitteren 1:6 (0:3) gegen den neuen Meister FC Bayern München. Die höchste Bundesliga-Heimpleite in 25 Spielzeiten nach zuvor drei 0:5-Partien passte prima ins triste Bild.
„Das Thema Europa ist für uns nun abgehakt“, stellte Trainer Mirko Slomka fest. Im ersten Spiel nach dem Abschied von Sportdirektor Schmadtke waren die ängstlichen 96-Profis gegen die Rekordjäger aus München völlig überfordert. Das Gegentor durch Andre Hoffmann (84.) ging auf die Kappe von Bayern-Keeper Manuel Neuer. Der harte 96-Kern unter den 49 000 Besuchern beschäftigte sich lieber mit sich selbst als mit dem Match. „Kind muss weg“, rief ein Teil der Fans. „Ultras raus“, schallte es ihnen tausendfach entgegen.
„Mit diesen Rufen muss man leben, wenn man Entscheidungen trifft“, sagte Kind. Seine nächste Entscheidung, die Installierung eines neuen Managers, soll zeitnah und zügig erfolgen. Unter den zahlreichen Bewerbungen gebe es „ein paar attraktive Namen“. Über konkrete Namen wie Christian Nerlinger, Andreas Müller, Jan Schindelmeiser oder
Dietmar Beiersdorfer wollte er nicht sprechen. „Wir orientieren uns an der Qualitätsstruktur von Herrn Schmadtke“, sagte der 96-Boss.
Die Anforderungen an den neuen Manager haben es in sich. Kind sucht eine „starke Führungspersönlichkeit“ mit den Eigenschaften „Entscheidungsstärke, Konfliktbereitschaft und eigenständiges Profil“. Das klingt fast wie eine Drohung für Trainer Slomka. Der ist in die Manager-Suche nicht eingebunden und gilt in Hannover als Sieger im Machtkampf mit Schmadtke, auch wenn er öffentlich jeglichen Streit mit seinem früheren Vorgesetzten abstreitet.
Bei der sportlichen Bewertung ging Kind auf Distanz zum Coach. „Wir haben unter der Woche extrem gut gearbeitet, die Mannschaft ist leistungsbereit“, sagte Slomka nach den sechs Bayern-Toren von Lars Stindl (Eigentor/16), Franck Ribéry (22.), Mario Gomez (40./62.) und Claudio Pizarro (71./86). „So viel Leistungsstabilität war in der Rückrunde nicht zu sehen. Das werden wir sehr kritisch und auch selbstkritisch analysieren“, sagte Kind und fügte mit etwas Sarkasmus hinzu: „Mindestens ein Spiel sollten wir noch gewinnen.“