HSV plant tiefen Schnitt: Niemand unverzichtbar
Hamburg (dpa) - Der Umbruch beim Hamburger SV ist in vollem Gange. Schon zwei Wochen vor dem Finale in der Fußball-Bundesliga steht fest, dass der Schnitt im Kader nach der erneut verpatzten Saison noch tiefer ausfallen wird als bisher angenommen.
„Niemand ist mehr unverzichtbar“, stellte Interims-Clubchef Carl Edgar Jarchow in einem Interview des „Hamburger Abendblatt“klar. Bei guten Offerten können sogar die Nationalspieler Joris Mathijsen, Guy Demel, Eljero Elia und Paolo Guerrero den Club verlassen. Dagegen kehren die ausgeliehenen Marcus Berg (PSV Eindhoven), Tolgay Arslan (Alemannia Aachen) und Wolfgang Hesl (SV Ried) zurück.
„Wir wollen eine erfolgshungrige Mannschaft formen. Dafür ist der Trainer eine zentrale Figur“, sagte Jarchow über den neuen Chefcoach Michael Oenning. Dessen bis 2013 laufender Vertrag beinhaltet zwar beiderseitige Ausstiegsklauseln, doch Jarchow setzt offenbar voll auf den 45-Jährigen. Denn nachdem die Schaffensperiode bei dessen Vorgängern Martin Jol, Bruno Labbadia und Armin Veh weniger als ein Jahr betrug, stellt er ihm nun praktisch einen Garantieschein aus. Oenning sei „genau der richtige Trainer für die momentane Situation“ und habe „eine sichere Basis für die kommenden zwei Jahre“, sagte der Nachfolger des im März zurückgetretenen Clubchefs Bernd Hoffmann.
Gemeinsam mit dem neuen Sportchef Frank Arnesen, der direkt nach Saisonende beim FC Chelsea aufhören und schon Mitte Mai in Hamburg antreten soll, wird Oenning „den neuen HSV“ aufbauen. Und der wird allem Anschein nach tatsächlich ein völlig anderes Gesicht haben. Denn neben den bereits feststehenden Abgängen Frank Rost, Ruud van Nistelrooy, Collin Benjamin, Maxim Choupo-Moting (Clubs offen) und Tunay Torun (Hertha BSC) wird noch eine ganze Reihe von Akteuren aussortiert. Die ausgeliehenen Profis David Rozehnal (OSC Lille) und Alex Silva (FC Sao Paulo) sollen nicht zurückkehren; für das Duo liegen Angebote vor, die Geld in die leere HSV-Kasse spülen würde.
Unsicher ist auch, ob Zé Roberto an der Elbe eine Zukunft hat. Der fast 37 Jahre alte Brasilianer möchte gerne um zwei Jahre verlängern, doch da haben Jarchow und dem Vernehmen nach auch der Aufsichtsrat Bedenken. Es sei immer nur über einen Einjahresvertrag gesprochen worden, meinte Jarchow, der die in dieser Woche anstehenden Gespräche mit Mladen Petric zum erfolgreichen Ende bringen und den Torjäger zum Bleiben veranlassen möchte. „Davon gehe ist fest aus.“
Nicht satt, sondern jung und mit Perspektive: Angelehnt an das Konzept von Meister Borussia Dortmund sollen nach einer angemessenen Phase des Neuaufbaus künftig auch beim HSV Akteure wie der 20 Jahre alte Arslan (war ein Jahr an Zweitligist Aachen ausgeliehen) für den Aufschwung und neue Begeisterung an der Elbe sorgen. Man wolle auf junge Talente setzen und diese durch erfahrene Profis ergänzen, wobei der Kernmarkt in Deutschland liegen soll, sagte Jarchow. Dabei gehe es nicht um große Namen, „mit denen sind wir in den vergangenen Jahren auch nicht weit gekommen“, betonte Jarchow, der für das sicher schwierige erste Spieljahr „Platz sechs“ als Saisonziel anstrebt. Der würde in der nächsten Saison für die Europa League reichen.