HSV sucht Einsamkeit - Labbadias emotionale Bande mit KSC

Hamburg (dpa) - Mit dem Geist von Malente will der Hamburger SV das Abstiegsgespenst endgültig verscheuchen. Drei Tage vor dem Relegations-Hinspiel gegen den Zweitliga-Dritten Karlsruher SC reiste der hanseatische Bundesligist am Pfingstmontag erneut in den Uwe-Seeler-Fußballpark.

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Dort will man sich den mentalen Feinschliff für die beiden Überlebensspiele holen und die seit 52 Jahren andauernde Erstliga-Herrlichkeit verlängern. „Ich bin optimistisch, dass wir diese Herausforderung bestehen“, sagte HSV-Fußballdirektor Peter Knäbel zum Spiel am Donnerstag (20.30 Uhr). Zum zweiten Mal nacheinander müssen die Hamburger die Extrarunde drehen.

„Schlafen, essen und das Miteinander sind wichtig“, begründete Trainer Bruno Labbadia die zweite Reise binnen einer Woche in die Einsamkeit der Holsteinischen Schweiz mit Kühen, Pferden und Rapsfeldern. Für das Liga-Saisonfinale gegen Schalke 04 hatte der Rückzug in die mit Blickschutz und Einlassordnern abgeschottete Sportschule geholfen. Mit dem eigenen 2:0-Erfolg und der Mithilfe von Hannover 96, das den SC Freiburg (2:1) in die Zweitklassigkeit beförderte und damit den HSV auf den Relegationsplatz klettern ließ, hatte sich die Einschätzung von Knäbel bestätigt: „Besondere Tage und Entscheidungen brauchen besonderen Vorlauf.“

Die Drei-Sterne-Herberge mit 16 Quadratmeter großen Doppelzimmern „ist für uns so etwas wie eine Burg“, betonte Labbadia, mit dessen nächstem Gegner Karlsruher SC er ein Stück Vergangenheit teilt. Von 2001 bis 2003 spielte er für den damaligen Zweitligisten und erzielte 19 Pflichtspieltore. Eigentlich hätte der Hesse lieber einen Rivalen ohne emotionalen Bezug haben wollen. „Für mich ist das schwierig“, gestand der 49 Jahre alte Coach. „Aber mein Herz schlägt für den HSV, und wir wollen mit aller Macht in der Bundesliga bleiben.“

Die Generalprobe für das KSC-Spiel ist geglückt. „Der Sieg gegen Schalke gibt uns noch einmal richtig Kraft“, versicherte Labbadia. Immensen Stress mussten er und seine Spieler nach dem Abpfiff aushalten. Da das eigene Spiel mehrere Minuten vor den Partien der Konkurrenten beendet war, hatten sich die HSV-Profis noch auf dem Spielfeld um ein Handy geschart, um die anderen Spielstände in Erfahrung zu bringen. „Am schlimmsten war das Leiden, als aus Hannover das 2:1 verkündet wurde und noch zwei Minuten zu spielen waren“, berichtete Knäbel.

Labbadia tigerte derweil am Spielfeldrand auf und ab und traute sich erst in den Stadiontunnel, als er das Signal bekam: Relegation perfekt. Die meisten der 57 000 Zuschauer harrten im Stadion aus, bis die Resultate bekanntwurden. Jubel brandete auf. Dann herrschte wieder Ruhe. Für Partystimmung gab es keinen Anlass. „Es ist Dankbarkeit, dass man diese Extrarunde wieder drehen darf“, meinte Knäbel. Die Fans sehen es offenbar genauso: „Ihr seid der Wahnsinn!“, twitterte der HSV am Pfingstmontag. Denn binnen 40 Stunden waren sämtliche 57 000 Tickets für das Heimspiel gegen den KSC vergriffen.

Die Erinnerung an den Vorjahresauftritt in der Relegation wird wieder wach. Vor einem Jahr überlebten die Hamburger nur mit unverschämt viel Glück und dank der Auswärtstorregel. Mit 0:0 und 1:1 gegen Greuther Fürth schrammten sie denkbar knapp am erstmaligen Abstieg in die Zweitklassigkeit vorbei. „Wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir es immer gut gemacht“, meinte Torhüter René Adler. Im Vergleich zur Vorjahresrelegation sieht Adler einen gewaltigen Unterschied: „Wir hatten vergangene Saison nach den verlorenen Spielen überhaupt kein Selbstvertrauen. Jetzt kommen wir als eine absolut intakte Mannschaft und haben einen Mega-Drive.“