Krönung auf Krücken? Meier vor Gewinn der Torjägerkanone
Frankfurt/Main (dpa) - Alexander Meier von Eintracht Frankfurt kann zum ersten Mal Torschützenkönig der Bundesliga werden. Er führt das Ranking immer noch an, obwohl er schon seit Monaten verletzt ist.
Die Geschichte der besten Torschützen ist bislang vor allem eine Geschichte der gefürchteten großen Namen. Ein Klaus Allofs, Karl-Heinz Rummenigge oder Ulf Kirsten etwa haben die Trophäe des Fachmagazins „Kicker“ gleich mehrmals mit einem selbstbewussten Lächeln entgegengenommen.
In diesem Jahr läuft alles auf eine ganz besondere Geschichte hinaus. Bleibt nach dem letzten Spieltag alles, wie es ist, wird ein Stürmer die Torjägerkanone erhalten, der in den vergangenen zwei Monaten kein einziges Tor mehr geschossen hat. Er wird zu seiner Ehrung nur humpeln können und bis zum letzten Moment daran zweifeln, ob das mit der bislang größten Auszeichnung seiner Karriere auch tatsächlich klappt.
Meier ist schwer am Knie verletzt, aber er führt die Torjägerliste noch immer souverän an. „Torschützenkönig, das ist für jeden Spieler etwas Besonderes“, sagte er dem „Kicker“ in dieser Woche. „Aber Lewandowski und Dost sind super Stürmer, die in einem Spiel auch mal vier Tore schießen können. Deshalb wäre es keine Überraschung, wenn sie noch an mir vorbeiziehen. Am Samstag kann noch einiges passieren.“
Die Statistik: Meier hat 19 Tore erzielt, dahinter folgen der ebenfalls verletzte Arjen Robben mit 17 sowie Robert Lewandowski (Bayern München) und Bas Dost (VfL Wolfsburg) mit je 16 Treffern. Das sollte reichen für den Gewinn der Kanone, meinen jedenfalls alle außer dem Frankfurter selbst. „Das wird schwer für mich, ich muss ja noch mindestens drei Tore schießen“, sagt Lewandowski.
Meier aber war bei diesem Thema schon skeptisch, als er noch Tore wie in Serienproduktion schoss. Von Ende Februar bis Anfang März traf er fünfmal in nur drei Spielen für die Eintracht, aber der 32-Jährige sagte damals nur: „Torschützenkönig wird jemand von Bayern München.“
Noch Mitte April sah es so aus, als sollte er Recht behalten. Meier bekam im Training einen Schlag auf das rechte Knie und musste an der Patellasehne operiert werden. Die Diagnose: vier bis sechs Monate Pause, acht bis zehn Stunden Reha am Tag. Doch der lange Schlaks mit der nahezu perfekten Schusstechnik war nicht der Einzige, der in diesem Frühjahr Pech hatte. Erst fiel Robben für den Rest der Saison aus, dann erwischte es auch noch den Torschützenkönig der vergangenen Saison: Lewandowski spielt mit einem Oberkiefer- und Nasenbeinbruch - und vor allem bei einem längst nicht mehr so treffsicheren und erfolgshungrigen FC Bayern.
Fünf Wochen nach seiner Verletzung liegt Meier immer noch vorn - und viele drücken ihm die Daumen. „Alex Meier ist ein Phänomen. Er hätte das verdient“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.
Natürlich stehen in der Liste der Torschützenkönige nicht nur Millionen-Einkäufe oder Nationalspieler. Überraschungen wie Thomas Christiansen vom VfL Bochum (2003) oder Lothar Kobluhn von Rot-Weiß Oberhausen (1971) hat es schon immer gegeben. Nur flossen bei ihnen meist ein persönlicher Lauf und der ihrer Teams in einer perfekten Saison zusammen. Bei Meier kann selbst davon keine Rede sein.
Schon den Anfang der Saison musste er sich von draußen aus anschauen. Der neue Trainer Thomas Schaaf setzte seinen wichtigsten Spieler in den ersten beiden Pflichtspielen auf die Bank. Einige der Probleme zwischen Mannschaft und Trainer, über die zuletzt so viel berichtet wurde, hatten darin ihren Ursprung. Doch Meier kam zurück, spielte auf einmal klassischer Stürmer statt wie zuvor als hängende Spitze - und eine Saison wie eine „emotionale Achterbahnfahrt“ (Kapitän Kevin Trapp) nahm ihren Lauf.
„Wenn es einen Fußballgott gibt, dann schafft er es mit der Torjägerkanone“, sagte Dieter Müller im HR-Fernsehen. Der frühere Nationalspieler ist auch so ein gefürchteter großer Name. Er gewann die Kanone gleich zweimal hintereinander (1977, 1978).