Kühn und königsblau: Schalke-Fans in BVB-Hochburg
Dortmund (dpa) - Mitten in Dortmund sitzt der Schalker Stachel. Vor elf Jahren hat Ralf Barsmann den Fanclub „Blau-Weiße Stachel“ in der BVB-Hochburg gegründet - trotz der ausgeprägten Rivalität der beiden großen Revier-Vereine.
In Gelsenkirchen geboren, wuchs er im Emsland auf, bevor er aus beruflichen Gründen ins Ruhrgebiet zurückkehrte. Nach Dortmund, ausgerechnet! 80 Mitglieder der aufrechten „Königsblauen“ fiebern in der Heimat der Schwarz-Gelben dem Ruhrderby am Samstag auf Schalke entgegen. „Da steigt der Blutdruck und die Spannung wächst“, sagt Stachel-Sprecher Hilmar-Roger Schmülling.
Bei jedem Heimspiel in der Arena in Gelsenkirchen weist ein riesiges Banner darauf hin, dass in der Stadt des Widersachers BVB Unerschrockene zu Hause sind. Der Stachel als kleiner Piekser im Fleisch der großen BVB-Familie. Als Club-Logo haben Ralf Barsmann und seine Mitstreiter eine Hornisse gewählt. Schmülling spricht von rund 900 Menschen, die es wagen, in der schwarzgelben Stadt königsblaue Sympathien zu zeigen.
Einmal im Jahr würden die Dortmunder S04-Anhänger ihr Heimspiel in der Schalke-Arena richtig auskosten. Beim Rückspiel müssen sie sich ganz besonders warm anziehen, denn dann werden sie von ihren Dortmunder Freunden und Arbeitskollegen als „Die aus Herne-West“ verspottet. Leider werde, so Schmülling, die rein verbale Ebene aber oft verlassen. „Als Schnittstelle gelebter Emotionen haben wir da eine gewisse Verantwortung“, sagt Schmülling.
Trotzdem leuchtet am Samstag auf Schalke nicht nur das Flutlicht: Auch bei den Sicherheitsbehörden sind alle Alarmlampen an. Ziemlich groß ist die Furcht, dass die schönste Nebensache der Welt im Ruhrgebiet plötzlich eine hässliche Wendung erfahren und es wieder einmal zu Ausschreitungen kommen könnte. Die Polizei in Gelsenkirchen hat sich wie immer in Absprache mit den Dortmunder Beamten und der Bundespolizei intensiv auf das „Spiel des Jahres“ vorbereitet. 7000 BVB-Fans werden in der ausverkauften Arena erwartet. Man ist gewappnet.
Der Vergleich des blau-weißen Fanclubs mit Asterix und den Widerständigen in seinem Dorf passt, findet Schmülling und verweist auf die Vereins-Präambel. Da heißt es: „Ganz Dortmund ist schwarz- gelb. Ganz Dortmund? Nein! Eine kleine Gemeinde von blau-weißen Schalkern weigert sich im Kartoffelkäfer- oder Biene-Maja-Look durch die Gegend zu tapsen.“
Im Garten-Vereinslokal „Flora“ im Süden der Stadt wissen die Dortmunder, was freundlich gelebte Feindschaft ist. Von allen Seiten donnern permanent Kommentare vom Tresen, wenn sich die blau-weißen Dortmunder am Stammtisch versammeln. „Aber alles auf der Fopp-Ebene, nie aggressiv. Wir sind pflegeleicht und hoch anerkannt“, berichtet Schmülling. Hass im Fußball findet er völlig unangebracht.
Das Leben sei schließlich hart genug - und der Tabellenstand mitunter auch. „In der Tradition sind wir beide Arbeitervereine. Früher, wenn Schalke auswärts spielte, sind wir immer in die Rote Erde gefahren und haben den BVB unterstützt - und umgekehrt.“ Schmülling meint das Stadion Rote Erde, in dem der BVB vor dem Bau des Westfalenstadions große Erfolge feierte. Irgendwann hätten die Fans nicht mehr ertragen können, dass Schalke in der Tabelle häufig vor dem BVB gestanden habe. Inzwischen ist es wieder umgekehrt und die Borussia zweimal Meister geworden. „Wie Dortmund die letzten Jahre gefeiert hat, das hat mir gefallen“, sagt er.
Schmülling ist in den blau-weißen Vereinsfarben oft in Europa unterwegs und kennt die Stadien von Barcelona bis Istanbul. „Am schönsten aber ist die Arena in Gelsenkirchen. Wir sind ja der einzige Verein im Ruhrgebiet, der das Steiger-Lied singt. Und dann ist es ruhig - auch in der gegnerischen Kurve.“ Und Dortmund? „Die Stimmung ist auch nicht schlecht“, bekennt Schmülling. „Die Südkurve, das ist schon beeindruckend.“