Labbadia widerlegt Zweifel - „Für alles geeicht“

Stuttgart (dpa) - Von Zweifeln der Fans begleitet ist Bruno Labbadia zum VfB Stuttgart gekommen, überschüttet mit Lobeshymnen hat der Trainer nun mit den Schwaben den Klassenverbleib gefeiert.

Nur knapp fünf Monate liegen zwischen dem Einstieg beim Fußball-Bundesligisten am 12. Dezember und dem 2:1-Sieg am Samstag gegen Hannover 96. Aber sie reichten dem 45-Jährigen, um sein Image mächtig aufzupolieren. „Er hat aus uns wieder eine Einheit geformt“, sagte VfB-Regisseur Tamás Hajnal, als der Abstieg am vorletzten Spieltag einer Saison des ständigen Existenzkampfs endgültig abgewendet war. „Er hat jeden Spieler weiterentwickelt und besser gemacht.“

Es war mehr als das übliche Lob eines Spielers für seinen Chef. Denn auch Hajnal weiß: Nach nur zwölf Punkten in der Vorrunde holte der VfB unter Labbadia nach der Winterpause bisher 30 Zähler. Das entspricht dem dritten Platz in der Rückrunden-Tabelle - und ist ein Versprechen für die Zukunft. Vor seinem Wechsel nach Stuttgart hatte es die jüngere Vergangenheit mit Labbadia nicht gerade gut gemeint. Im April 2010 wurde er beim Hamburger SV beurlaubt. Ihm wurde wie schon in Leverkusen nachgesagt, seine Spieler zu überfordern.

Als ihn Sportdirektor Fredi Bobic zum VfB holte, war gleich von einer „Schicksalsgemeinschaft“ die Rede: Der Darmstädter sollte die Schwaben, die in Christian Gross und Jens Keller in dieser Runde schon zwei Trainer „verbraucht“ hatten, vor dem Abstieg bewahren.

Er hatte damit aber auch die Gelegenheit, seine eigene Trainer-Karriere zu retten. Denn eines schien klar: Scheitert er in Stuttgart, wären weitere Jobangebote auf Erstliga-Niveau kaum noch vorstellbar. Nein, er sei nicht böse gewesen wegen des kritischen Empfangs, sagte Labbadia nach dem Hannover-Spiel.

Doch wie groß die Anspannung auch bei ihm war, zeigen weitere Aussagen. „Ich bin mir der Verantwortung bewusst gewesen, die ich auf meinen Schultern hatte, nämlich den VfB Stuttgart vor einem Debakel zu bewahren.“ Der Abstiegskampf sei eine tolle Erfahrung, die er aber „nicht mehr so oft“ brauche. „Es ist unglaublich, was man da mitnehmen kann. Man ist dann, glaube ich, für alles geeicht.“

Im Januar hatte er gemeinsam mit Bobic die Offensivkräfte Tamás Hajnal (Borussia Dortmund) und Shinji Okazaki (Shimizu S-Pulse) nach Stuttgart geholt - zwei entscheidende Schachzüge. Zudem wuchs die in Grüppchen zerfallene Elf unter Labbadia zu einer Einheit zusammen. Auch mit der Umstellung auf ein 4-2-3-1-System lag er richtig.

Das meist nicht schön anzuschauende Spiel des VfB entsprach zwar nicht der grundlegenden Vorstellung Labbadias von feinem Fußball. Doch das war ihm egal, gab es doch erst einmal nur ein Ziel: irgendwie in der Bundesliga zu bleiben. Das dürfte nun wieder anders werden. „Bruno Labbadia steht für offensiven und aggressiven Fußball“, erklärte Bobic. „Das müssen wir in Zukunft verfolgen.“

Dabei muss sein Coach beweisen, dass er mehr kann, als eine Elf kurzfristig nach oben zu treiben. Das war ihm mit Bayer Leverkusen in der Saison 2008/2009 in der Vorrunde gelungen, doch dann stürzte die Elf ab. Das Gleiche passierte dem Hessen, dessen Vertrag in Stuttgart sich nun bis 2013 verlängert hat, danach beim HSV. Doch zunächst kann Labbadia genießen, was er in dieser Saison erreicht hat: den VfB vor der Katastrophe Abstieg bewahrt zu haben.