Leverkusen: Ballack ist Bayers Ballast
Leverkusen kommt auch nach dem 1:1 in Bremen nicht zur Ruhe. Im Konflikt des Vereins mit dem Superstar gibt es fast nur noch Verlierer.
Bremen/Leverkusen. Als Michael Ballack in Bremen den Mannschaftsbus von Bayer Leverkusen verließ, da wusste er längst, dass er nicht zur Startelf gehören würde. In der zweiten Halbzeit wärmte sich der 35-Jährige noch auf, aber irgendwann musste er realisieren, dass das alles an diesem Nachmittage unnütz ist. Der Gesichtsausdruck unter der Pudelmütze nahm die eisigen Züge seiner Umgebung im frostigen Weserstadion an. „Es gab keinen Grund zu wechseln, aber Michael wird seine Spiele sicher wieder machen“, sagte Trainer Robin Dutt nach dem 1:1 von Bayer Leverkusen bei Werder Bremen nach Toren von Claudio Pizarro (29.) und Stefan Reinartz (57.).
Die Frage ist nur, für wen. Eine Trennung von Bayer Leverkusen noch bis Dienstag, also bis zum Ende der Wechselfrist, ist nicht undenkbar, noch allerdings hat sich kein Interessent aufgetan. Für einen möglichen Wechsel Ballacks in die US-Profiliga käme sogar ein späterer Zeitpunkt in Frage. Fest steht nur: Das Tischtuch in Leverkusen ist zerschnitten, der Verein redet eine Trennung herbei und weiß stets doch, mit wem er es hier zu tun hat: Mit Michael Ballack, einem stolzen Spieler, der keinen Konflikt scheut. So drohen die womöglich letzten Bundesliga-Monate Ballacks zu einem unwürdigen Schauspiel zu werden.
Mit einer bis an die Schmerzgrenze gehenden Schmerzfreiheit wiederholt Leverkusens Trainer Robin Dutt beinahe täglich, zu Ballack ein gutes (Arbeits-)Verhältnis zu pflegen. Dutt hat seine Sprachregelung gefunden. Er habe sich um eine „ganze Mannschaft“ zu kümmern. Betont emotionslos setzte er sich gegen jede Kritik an seiner Rolle in diesem Konflikt zur Wehr. „Es gibt keinen Grund, in diesem Fall von einem Bauernopfer zu sprechen“, sagte er und reagierte damit auf den Vorstoß des Ballack-Beraters. Michael Becker hatte nach der Kritik der Leverkusener Vereinsführung an Ballack Partei für seinen Schützling ergriffen und von einem billigen Trick gesprochen.
Was Dutt nicht kann und nicht können will, müssen die Bayer-Verantwortlichen auf anderen Ebenen erledigen. Rudi Völler als Sportdirektor, Wolfgang Holzhäuser als Geschäftsführer. Beide arbeiten derzeit daran. „Wir haben noch drei Monate Vertrag. Das werden wir profimäßig abwickeln“, sagte Holzhäuser ohne jede Emotion, nachdem er in den Tagen zuvor öffentlich mit Ballack gebrochen, ihm Uneinsichtigkeit vorgeworfen und den Transfer des Mittelfeldstars 2010 vom FC Chelsea sinngemäß als Fehler bezeichnet hatte.
Mit Rudi Völler hatte Ballack auch seinen letzten Fürsprecher verloren. Der Grund: Völlers und Holzhäusers Bemühen, im Dialog mit dem designierten DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach einen passablen Ballack-Abschied aus der Nationalmannschaft zu organisieren, tat der Star unwillig als „Privatsache“ der Verantwortlichen ab. Zudem soll Ballack der dringlichen Bitte Völlers nicht nachgekommen sein, in einem konstruierten Interview gut Wetter für Trainer Dutt zu machen. Seither fehlt auch Völler offenbar jeder Wille, dem 35-Jährigen weitere Teppiche auszurollen.
Darüber scheinen die Teamkollegen Ballacks seit Wochen genervt, es heißt, der Star habe unter seinen Mitspielern keine Freunde. Die Aussagen einiger Spieler nach dem hart erkämpften Remis in Bremen bestätigen das.
„Ich konnte drei Tage nicht schlafen, weil mir das Thema Ballack mein Herz zerdrückt hat“, sagte Manuel Friedrich in Bremen ironisch. Auf die Nachfrage, ob ihm die Sache demnach egal sei, antwortete der Innenverteidiger mit einem Wort: „Richtig!“ André Schürrle goss mit seiner Spielanalyse weiteres Öl ins Feuer: „Das war unser bestes Saisonspiel. Heute war es ganz besonders wichtig, dass wir eine gute Leistung zeigen.“
Derweil haben sie die sportlichen Ansprüche in Leverkusen längst heruntergeschraubt. „Wenn man mal in die Leverkusener Historie schaut, ist Platz sechs der normale Bayer-Tabellenplatz“, sagte am Sonntag Robin Dutt im „Doppelpass“ von „Sport1“. Der Trainer könnte als Sieger der Leverkusener Verbalschlacht dieser Spielzeit hervorgehen. Er wäre der einzige.