Liga-Check 16/17 Der BVB ist jetzt ein großes Abenteuer
Geschäftsführer Watzke spricht vom größten Umbruch der vergangenen zehn Jahre. Drei Säulen sind weg.
Dortmund. Erster hinter dem übermächtigen FC Bayern, hauchdünn unterlegener Pokal-Finalist, dazu Viertelfinalteilnehmer in der Europa League: Borussia Dortmund hat den Übergang von Kulttrainer Jürgen Klopp zu Thomas Tuchel nahezu nahtlos geschafft. Doch die wirkliche Meisterprüfung steht dem 42-Jährigen noch bevor. Ohne die abgewanderten Leistungsträger Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan und mit einem Stall voller junger Talente geht Tuchel in seine zweite BVB-Saison. Es ist ein großes Abenteuer - mit völlig offenem Ausgang.
Dass es nicht genügt, eine Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen und zweiter Leuchtturm in der Liga zu sein, um die Spitzenkräfte dauerhaft zu binden. Es geht um Geld. Um viel Geld. Wenig anderes hat Gündogan und Mkhitaryan in die Premier League gelockt. Dort zahlen die führenden Clubs Jahresgehälter im zweistelligen Millionen-Bereich. National kann da nur der FC Bayern mithalten. Hummels, der seinen Wechsel mit einer neuen sportlichen Herausforderung und familiärer Bande erklärte, hat sich in München wirtschaftlich ebenfalls erheblich verbessert.
Nein, bei den Verhandlungen ist der Club an die Schmerzgrenzen gegangen, laut Tuchel auch darüber hinaus. Weitere finanzielle Zugeständnisse hätten den BVB in sehr gefährliches Fahrwasser gebracht. Gelebter Größenwahn, der die Borussia noch 2005 an den Rand des Ruins getrieben hat, wird sich unter dem Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nicht wiederholen.
Mit diesem Trio hat der Vizemeister seine komplette kreative Achse verloren. Watzke spricht vom größten Umbruch in den vergangenen zehn Jahren. Vor allem Abwehrchef Hummels und der mitunter geniale Mkhitaryan werden so rasch kaum zu ersetzen sein.
Dortmund ließ sich die schwächelnden Weltmeister André Schürrle und Mario Götze zusammen 52 Millionen Euro Ablöse kosten. Insbesondere von diesem Duo erhofft sich der Club alsbald frische Impulse, Schürrle deutete im Pokal in Trier an, dass sich die Bande zu Tuchel, der ihn in einst in Mainz förderte, mindestens positiv auf sein Seelenleben auswirkt. Der Trainer bittet beim gewaltigen Umbau um Geduld. Es werde Zeit brauchen, um die Dinge neu zu ordnen, sagte er.
Tuchel beschrieb den Dortmunder Weg während der Vorbereitung als „riskant“. Salopp könnte das so übersetzt werden: Nichts Genaues weiß man. De facto steht die Borussia vor einer Herkules-Aufgabe: Weil viele Zugänge noch ziemlich grün hinter den Ohren sind und zudem keineswegs sicher ist, dass die Integration von Götze und Schürrle im gewünschten Tempo gelingt. Viel Arbeit für Thomas Tuchel. Prognose: Er wird erneut erfolgreich sein und den BVB wieder in die Champions League führen.