Mit Schwung und Elan bezwingt Ingolstadt den FCA
Augsburg (dpa) - Total ausgepowert wischte sich Ingolstadts Trainer Ralph Hasenhüttl auch eine Dreiviertelstunde nach dem 1:0-Derbysieg in Augsburg noch immer wieder mit einem großen Handtuch den Schweiß von der Stirn.
Mit einem Honigkuchenlächeln stolzierte sein Clubboss Peter Jackwerth wie auf einem Laufsteg durch die Stadionkatakomben, die der enttäuschte FCA-Manager Stefan Reuter mied so gut es ging. „Es gibt keinen Ersatz für Siege, aber wir haben schon ganz andere Situationen überstanden“, bemerkte der Augsburger Geschäftsführer später zerknirscht mit Blick auf die enttäuschende Mini-Ausbeute von nur einem Punkt aus drei Partien in der Fußball-Bundesliga.
Dank ihrer perfekten Auswärtsbilanz von zwei Siegen aus zwei Partien stehen die unbekümmerten Ingolstädter vor der Länderspielpause sogar besser da als die schwäbischen Europa-League-Starter, die wenige Stunden nach der Gruppenauslosung in Monte Carlo zumindest gedanklich noch nicht alle wieder im Tagesgeschäft angekommen waren. „Man versucht's auszublenden, aber das ein oder andere mitkriegen wird jeder Spieler, das ist nicht zu verhindern“, räumte Reuter am Samstagabend ein. „Da fehlen vielleicht dann zwei, drei Prozent, die du brauchst, um die Spiele zu entscheiden.“
Nach inzwischen vier Jahren Eliteklasse ist die Bundesliga in Augsburg zur Normalität geworden - erst Recht nach der erstmaligen Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb vergangene Saison. Die Ingolstädter dagegen fiebern jedem Erstligaspiel mit einer riesigen Begeisterung entgegen, auch der deftige Rückschlag vom 0:4 gegen Borussia Dortmund aus der Vorwoche hat die Oberbayern kein Stück aus der Fassung gebracht. „Unser Vorsatz ist: Wenn's mal einen verbraten gibt, das als Lehrstunde hinzunehmen und weiterzumachen, sich nicht unterkriegen zu lassen“, kommentierte Hasenhüttl.
Das gelang formidabel, fehlendes Selbstvertrauen war seinen Profis im Bayern-Derby jedenfalls überhaupt nicht anzumerken. Mit vollem Eifer, großer Entschlossenheit, ausgeprägtem Mut und einem sehenswerten Fernschuss-Tor von Mathew Leckie (63. Minute) erkämpften sich die Gäste stattdessen verdient das zweite Auswärts-1:0 hintereinander. „Wir haben unbekümmerte Jungs, es ist für uns Neuland: Riesenstadien, heiße Stimmung“, sagte Ramazan Özcan, der im Rahmen der ungewohnten Torwartrotation beim FCI diesmal wieder den Vorzug vor Neuzugang Örjan Nyland bekommen hatte. „Der Schlüssel war der Kampfgeist. Wir haben ein Riesenherz bewiesen“, urteilte der Aufstiegskeeper.
Ihre Motivation ziehen die Erstliga-Neulinge auch aus kleinen Dingen. Jeder eigene Ballgewinn, jeder gewonnene Zweikampf, jeder Ballverlust des Gegners wird teamintern bejubelt. „Wenn der Gegner den Ball unkontrolliert ins Aus schießt, zieht sich die Mannschaft daran hoch, das pusht alle. Wenn man sieht, dass der Gegner am Verzweifeln ist“, verdeutlichte Stürmer Lukas Hinterseer. Es ist also, als wenn im Pokal ein kleiner Amateurclub gegen einen Verein voller Stars antritt - nur mit der Einschränkung, dass der FC Ingolstadt inzwischen selbst eine der 18 besten Mannschaften Deutschlands stellt.
Für die Augsburger wird's dagegen immer kniffliger. Nächster Gegner am 12. September ist der FC Bayern, fünf Tage später startet die Europa League mit einem Auswärtsspiel bei Athletic Bilbao. Keiner weiß, wie die Schwaben mit der ungewohnten zusätzlichen Belastung klarkommen werden. Die Stimmung jedenfalls war schon mal besser. „Die Zuschauer, die heute gepfiffen haben, dürfen gerne daheimbleiben“, grantelte Torwart Marwin Hitz nach der Derby-Pleite.