Party auf Schalke nach der „gefühlten Meisterschaft“

Abwehrtalent Thilo Kehrer macht mit zwei Toren in Augsburg den Einzug in die Champions League perfekt.

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Augsburg. Nach der berauschenden Rückkehr der Schalker als Vizemeister in die Champions League erinnerte sich Christian Heidel an die Verpflichtung seines Erfolgstrainers Domenico Tedesco. Auf seiner Terrasse in Mainz lockte der Manager der Königsblauen vor einem Jahr das junge „Emotionsbündel“ aus Aue nach Gelsenkirchen. „Alles, was er gesagt hat, hat er umgesetzt und es eigentlich noch getoppt“, sagte Heidel. Er dankte im kostbaren Moment des feststehenden Comebacks in der Königsklasse auch dem suspendierten Max Meyer, der der Clubführung Mobbing vorgeworfen hatte.

Ausgerechnet Thilo Kehrer, wie Meyer ein Klient des bei den Schalkern umstrittenen Beraters Roger Wittmann, sicherte das vorzeitige Ticket für das Millionenspiel. „Wir haben als Mannschaft inklusive Trainer- und Funktionsteam die gesamte Saison über hart gearbeitet. Jetzt zu wissen, dass man das Jahr als Vizemeister abschließt und in der kommenden Spielzeit in der Champions League antreten darf, ist ein überragendes Gefühl“, sagte der im Sommer 2019 ablösefreie Kehrer.

Heidel hofft, dass der Zoff um Meyer nicht die Verhandlungen mit Wittmann und dem 21 Jahre alten Abwehrtalent überlagert. Mit seinem Doppelpack beim 2:1 gegen den FC Augsburg sorgte Kehrer schon am vorletzten Spieltag für Planungssicherheit bei den Schalkern. 1152 Tage nach dem hauchdünnen Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Real Madrid mischt der Traditionsverein wieder im Konzert der ganz Großen mit.

„Viel mehr können wir nicht erreichen. Das ist wie eine gefühlte Meisterschaft, auch wenn es dafür keine Schale gibt“, sagte Heidel. „Best of the Rest“ klingt abschätzig, zumal sich die Bundesligaspitze bis auf den Meister extrem wechselhaft präsentierte. Den Schalkern kann das egal sein. Rivale Borussia Dortmund wurde abgeschüttelt. Und nun direkt hinter Dauer-Dominator FC Bayern zu landen, entschädigt für eine enttäuschende vergangene Saison, als Trainer Markus Weinzierl gehen musste und anschließend der unerfahrene Tedesco kam. Ein Risiko, das aufgegangen ist.

„Unser Trainer hat einen Riesenanteil an der Geschichte“, lobte Heidel. In der Tat ist die erste Vizemeisterschaft nach acht Jahren zu einem Großteil auch das Werk des 32 Jahre alten Tedescos. „Was der Trainer aus der Mannschaft geformt hat, ist sensationell. Wir arbeiten als Team gern zusammen, sind eine richtig eingeschworene Truppe“, sagte Angreifer Guido Burgstaller. In puncto spielerische Attraktivität haben die Schalker ordentlich Luft nach oben. Disziplin, Struktur und Arbeitswille zeichnet das Team um den bärenstarken Abwehr-Turm Naldo aus, der gegen Augsburg sein 350. Bundesligaspiel feierte.

„Wir sind sehr stolz, dass wir die Schalker Familie glücklich machen konnten“, sagte ein ergriffener Tedesco, dessen ursprünglich bis zum Sommer 2019 laufender Vertrag sich um zwei Jahre verlängern lassen soll. „Das Ziel Champions League kam so ein bisschen plötzlich, aber wir haben es uns verdient.“