Werders Stürmer Selke: Vom Aussterben bedrohte Spezies
Bremen (dpa) - Davie Selke ist in der modernen Fußballwelt ein selten gewordener Profi. Nach Meinung zahlreicher Experten sind klassische Mittelstürmer längst zum Auslaufmodell geworden.
Sogar Bundestrainer Joachim Löw setzte zuletzt häufig auf sogenannte falsche Neuner, ein herkömmlicher Torjäger wie Mario Gomez hat dagegen einen schweren Stand und wurde zuletzt gar von den eigenen Fans ausgepfiffen. Selke ist technisch ebenfalls nicht sonderlich versiert und während eines Spiels oft nirgendwo anders als im gegnerischen Strafraum anzutreffen. Der 1,92 Meter große Stürmer ist aber auch erst 19 Jahre alt und taugt aus vielen Gründen nicht nur für seinen Club Werder Bremen als Hoffnungsträger.
Wer Selke nach seinen Vorzügen fragt, bekommt eine simple Antwort: „Wenn ich eine Chance habe, ist der Ball oft drin.“ Jüngst bekam das der Keeper des FC Augsburg, Marwin Hitz, zu spüren. Nach nur drei Minuten hatte Selke seine erste Gelegenheit - und nutzte sie zu seinem Premierentreffer in der Bundesliga. Am Ende unterlag Werder zwar mit 2:4, der gebürtige Baden-Württemberger hatte aber erneut unterstrichen, wie wertvoll er für die Mannschaft von Trainer Robin Dutt in Zukunft sein kann.
„Er bringt Schnelligkeit und körperliche Präsenz mit. Einige glauben ja, dass dieser Stürmertyp ausstirbt. Aber ich finde es gut, so einen Spieler im Kader zu haben“, erklärte der Coach. Nach der U19-EM im Sommer, bei der sich der Sohn eines Äthiopiers und einer Tschechin mit sechs Treffern in den Fokus der Öffentlichkeit spielte, hätte nicht nur Dutt den Stürmer gerne in seinem Team gehabt. Der 19-Jährige bekam zahlreiche Angebote, teilweise von Vereinen die nach Selkes Auskunft „utopische Summen“ für ihn boten. Dennoch entschied er sich für eine Verlängerung seines Werder-Vertrags bis 2018.
„Ich habe Angebote von Anfang an abgeblockt, weil ich hier bleiben wollte. Es war eine Herzensentscheidung“, sagte er. Verantwortliche und Fans erhoffen sich viel vom schlaksigen Angreifer, den Werder im Januar 2013 aus der U19 von Ligakonkurrent 1899 Hoffenheim loseiste. Andere ehemalige Talente aus der Bremer Jugendabteilung wie Karim Bellarabi oder Max Kruse sorgen mittlerweile bei anderen Vereinen für Furore. Mit Selke haben die Hanseaten seit langem wieder einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, der nachhaltig in der ersten Mannschaft für Begeisterung sorgen könnte.
Clubmanager Thomas Eichin ist sich sicher, „dass wir alle viel Freude an ihm haben werden“. Sollte die Entwicklung des U19-Europameisters weiter positiv verlaufen, dürfte sich auch Bundestrainer Löw mit ihm auseinandersetzen. Nach dem Rücktritt von Miroslav Klose ist der bei manchen Anhängern in Ungnade gefallene Gomez der einzig verbliebene Mittelstürmer - und ausgerechnet der Angreifer des AC Florenz zählt zu Selkes größten Vorbildern: „Wie er mit Rückschlägen umgeht, wie er sich trotz Gegenwind immer wieder durchsetzt. Beneidenswert.“