Löw will „einen draufsetzen“ - Italien „überreif“
Danzig (dpa) - Joachim Löw tüftelt wieder. Der Bundestrainer mit dem goldenen Aufstellungshändchen genießt die heißen Trainingsduelle zwischen Klose und Gomez, Reus und Müller sowie Schürrle und Podolski um die offenen Startplätze im Halbfinal-Klassiker gegen Italien.
Die Griechenland-Besieger können sich nicht sicher sein, zumal Löw für das Gigantenduell am Donnerstag in Warschau „die eine oder andere Änderung“ andeutete: „Es ist nicht das Allheilmittel, eine Mannschaft spielen zu lassen, die gewonnen hat. Italien ist eine ganz andere Hausnummer als Griechenland. Wir müssen schon nochmal einen draufsetzen, um zu gewinnen“, erklärte Löw am Dienstag.
„Italien kann kommen“, verkündete der Wahl-Römer Miroslav Klose, der 2006 beim „Trauermoment“ im Halbfinale des WM-Sommermärchens in Dortmund auf dem Platz stand. „Ich bin überzeugt, dass wir es diesmal anders machen werden“, sagte der Stürmer vor dem Tag der Abrechnung.
Die schwarze Turnier-Serie gegen die Squadra Azzurra soll endlich reißen. „Die Zeit dafür ist reif, vielleicht sogar überreif“, sagte Wolfgang Niersbach in Danzig. Der DFB-Präsident blickte auch schon auf eine mögliche neue Kraftprobe mit Welt- und Europameister Spanien am Sonntag im großen EM-Finale in Kiew voraus. Da gelte dasselbe Motto wie gegen Italien: „Die Zeit ist reif! Zweimal 0:1 reicht!“
Löw ist nicht so kühn, sich zu weit vorauszuwagen. Mit möglichen Feierlichkeiten als Europameister am kommenden Montag in Deutschland wolle er sich frühestens nach einem Sieg gegen Italien beschäftigen. Er habe Teammanager Oliver Bierhoff „gebeten, mich nicht zu stören“, sagte Löw deutlich. Er ist 24 Stunden am Tag nur noch mit den Italienern beschäftigt, ihren „extrem guten Stärken“, ihrem „genialen Strategen“ Andrea Pirlo und dem auch mit 34 Jahren immer noch „wahnsinnig guten“ Torwart Gianluigi Buffon. „Italien ist eine ganz andere Mannschaft als 2010, sie haben eine enorme Weiterentwicklung durchlaufen“, warnte der Bundestrainer vor dem England-Bezwinger.
Aber Deutschland hat Mastermind Löw, der mit seinem Wechsel-Coup gegen Griechenland nun auch die Italiener vor große Rätsel gestellt hat. Spielt Klose? Oder Gomez? Kommen Podolski und Müller zurück? „Der Trainer hat das Glück, den aufzustellen, für den er ein Näschen hat“, bemerkte der Italien-Kenner Klose zu der Luxussituation.
An einer Personalentscheidung lässt der Bundestrainer gar keine Zweifel aufkommen. Bastian Schweinsteiger wird - ungeachtet seiner Blessur am Sprunggelenk und der mäßigen Leistung beim 4:2 gegen die Griechen - auch im fünften Turnierspiel von Beginn an spielen: „Wir brauchen Bastian Schweinsteiger, er ist ein emotionaler Leader. Wir brauchen seine Präsenz, seine Ruhe am Ball, seine Physis auf dem Platz. Ich glaube, dass wir das bis Donnerstag hinbekommen.“
Schweinsteiger trainiert wieder mit dem Team. Einzige Störgröße bei der letzten Übungseinheit im Danziger Stammquartier war am Dienstag einmal mehr das Wetter, über das sich Löw wieder „ärgern“ musste. Der Regen beeinträchtigte das Üben, wie Klose nach der geheimen Einheit verriet: „Das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir haben versucht, unser Programm durchzuziehen.“
Auch im Stadion in Warschau, wo notfalls das Dach geschlossen werden könnte, sollen Özil, Schweinsteiger, Khedira und Co. den Spielverlauf vorgeben. „Es ist das Allerwichtigste, unser eigenes Spiel auf den Platz zu bringen. Dann werden wir auch gut sein“, sagte Löw. Es wird wieder eine enge Kiste erwartet, wie in der Vorrunde bei den knappen Siegen gegen Portugal (1:0) und Holland (2:1). „Kompakt stehen in der Abwehr und Nadelstiche setzen“, sagte Klose zur ausgegebenen Marschroute.
Verbandschef Niersbach vertraut ebenso wie die „phänomenalen Fans“ in der Heimat voll und ganz in die Strategien und Entscheidungen des Bundes-Jogi. Löw sei der „ideale Mann am richtigen Ort“, der die „Operation“ EM-Titel „mit der größten Sorgfalt vorbereitet“ habe.
Löw guckt nicht mehr links und rechts, auch die Lobeshymnen auf seine Person schiebt er kurz vor dem Ziel weg: „Die Mannschaft setzt diese Dinge um. Die Mannschaft arbeitet hervorragend. Das einzige, was ich anstrebe, ist erfolgreich zu sein mit dieser Mannschaft. Daran arbeite ich seit Jahren. Alles andere blende ich aus.“
Löw will's wissen, erst gegen Italien, dann gegen Spanien oder noch einmal Portugal. „Ich würde auch ihm persönlich von ganzem Herzen diesen nächsten Schritt gönnen“, bemerkte Niersbach. Der Delegationschef weiß, wie sehr auch Löw sich nach der Krönung sehnt: „Finale 2008, zweimal WM-Dritter, das sind schon großartige Leistungen gewesen. Jetzt den i-Punkt zu setzen, das wünschen wir uns alle.“
Die voraussichtliche Aufstellung:
Neuer - Boateng, Hummels, Badstuber, Lahm - Khedira, Schweinsteiger - Müller, Özil, Podolski - Gomez