Schwarz-rot-goldene Massen feiern Sieg über Oranje
Berlin (dpa) - Schwarz-rot-gold verdrängt Oranje: Hunderttausende Fußballanhänger haben am Mittwochabend auf Fanmeilen und Fanfesten in ganz Deutschland Jogi Löws Elf gefeiert. Zweimal Mario Gomez, zweimal ein lautes „Toooor“ aus tausenden Kehlen.
Der 2:1-Sieg über die Niederlande wurde ausgiebig gefeiert. Konfetti flog durch die Luft, die Fans lagen sich in den Armen und sangen „Oh, wie ist das schön“, viele auch „Schade Holland, alles ist vorbei“ und „Holland, ihr könnt nach Hause gehen“.
Zuhause an den Fernsehgeräten fieberten 27,22 Millionen Menschen mit dem deutschen Team, das waren drei von vier Fernsehzuschauern am Abend. Damit ist die Euro 2012 schon jetzt ein echter Quotenbringer: Es ist die sechsthöchste Einschaltquote für ein EM-Spiel seit 1992.
„Ein paar hunderttausend“ Besucher zählten die Veranstalter auf Deutschlands größter Fanmeile in Berlin. Der Ansturm war so groß, dass schon kurz vor Anpfiff aus Sicherheitsgründen fast alle Eingänge geschlossen wurden. Nach den Toren von Gomez kannte der Jubel keine Grenzen. Die Zuschauer tanzten, sprangen vor Freude in die Luft und umarmten sich spontan. Wie fast überall waren viele Fans wieder ganz in die deutschen Farben gehüllt: weißes Shirt und dazu schwarz-rot-gold auf Fahne, Hut, Perücke oder im Gesicht. Ein Autokorso legte zu später Stunde den Kurfürstendamm lahm.
62 000 Menschen machten das Hamburger Fanfest nahe der Reeperbahn zur Deutschland-Feierzone - nochmal 7000 mehr als beim EM-Auftakt gegen Portugal. Das Wetter hielt sich in der Hansestadt bedeckt, ganz anders die Stimmung: Ausgelassen und erleichtert feierten die Hanseaten den zweiten Sieg ihres Teams im zweiten Spiel des EM-Turniers.
Bundesweit dürften wieder Millionen Menschen auf den Beinen gewesen sein, um gemeinsam das Deutschland-Spiel zu sehen - bei offiziellen Fanfesten ebenso wie in Kneipen, Biergärten, Schrebergärten oder Clubheimen. Das erste Gruppenspiel gegen Portugal hatten einer Umfrage zufolge sechs Millionen Menschen beim Public Viewing verfolgt.
Allerdings geriet die Feierei hier und da auch außer Kontrolle: Bei einigen Zwischenfällen mit Feuerwerkskörpern erlitt ein Fan in Hamburg schwere Verletzungen an der Hand, wie die Polizei mitteilte. In Nienburg an der Weser wurde ein neunjähriger Junge beim Public Viewing mit 2500 Fans schwer verletzt: Ein Mann hatte eine bengalische Fackel entzündet, das extrem heiße Material tropfte herunter und verbrannte dem Jungen die Hand. Wegen ihrer extremen Hitzeentwicklung von über 1000 Grad Celsius sind diese sogenannten Bengalos umstritten und in Fußballstadien verboten. Fangruppen streiten seit langem mit dem Deutschen Fußball-Bund über Ausnahmeregelungen.
Ansonsten blieb es meist ruhig und friedlich. Randale oder Krawalle zwischen deutschen und niederländischen Fans wurden nicht bekannt - im Gegenteil: In der niedersächsischen Grafschaft Bentheim direkt an der Grenze vermengten sich Schwarz-rot-gold und Oranje zu einer bunten Mischung. In einigen Städten wie Neuenhaus oder Nordhorn schauten Fans beider Lager gemeinsam das Spiel beim Public Viewing. In der niederländischen Grenzstadt Kerkrade bei Aachen, wo seit den 80er Jahren bei deutsch-holländischen Duellen häufiger Hooligans ihr Unwesen trieben, blieb es diesmal sehr ruhig. Die Polizei sperrte die berüchtigte Neustraße/Nieuwstraat, ein großes Public Viewing gab es nicht. Die Bewohner schauten das Spiel zu Hause oder in kleiner Runde.
Ganz in orange getaucht war die große Fan-Zone im Spielort Charkow, auf der es nach der Niederlage des Oranje-Teams jedoch ruhig wurde. Die ostukrainische Stadt ist der Austragungsort aller drei Vorrundenspiele der Elftal, weshalb hier auch das Hauptquartier der niederländischen Fans ist. Reibereien gab es praktisch nicht: Die 12 000 Oranje-Fans und die wenigen hundert deutschen Schlachtenbummler feierten ein friedliches Fußballfest.