Dauerbelastungen Fitness als WM-Prüfstein für Boatengs Generation
London (dpa) - Jérôme Boateng nicht fit, Manuel Neuer seit Monaten verletzt, Sami Khedira häufig angeschlagen und sogar Thomas Müller plagen plötzlich die Muskeln.
Sieben Monate vor der WM-Mission in Russland steht die Generation 2010 in der Fußball-Nationalmannschaft vor bislang nicht gekannten Herausforderungen. Im knallharten Ausscheidungskampf um die 23 Kaderplätze für Russland 2018 räumt Bundestrainer Joachim Löw seinen erfahrenen Spielern sicher Pluspunkte ein - aber nur, wenn die Fitness stimmt.
Das weiß auch Boateng: „So viele Jahre in diesem Rhythmus: Das kann nicht komplett spurlos an einem vorbeigehen. Wir spielen ja nicht nur, wir fliegen zwischendurch mal eben nach China. Wir sind ständig auf Tour, und dann sagt der Körper halt mal: Ich bin auch noch da!“, sagte der zuletzt oft verletzte Verteidiger des FC Bayern München in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“.
Trotz der hohen Belastung will der 29-Jährige aber auch nach dem Turnier in Russland weiter im DFB-Trikot spielen. „Also 2020 sollte schon noch gehen. Hoffe ich jedenfalls“, sagte Boateng. Nach der EM 2016, bei der er im Halbfinale gegen Frankreich (0:2) mit einem Muskelbündelriss raus musste, hat er nur drei von 19 möglichen Länderspielen bestritten.
Genau auf diese Quote kommt auch Neuer, der seit 13 Monaten nicht mehr für Deutschland spielte. Der WM-Start der Nummer eins im Tor ist nach dem zweiten Fußbruch innerhalb weniger Monate zumindest keine Selbstverständlichkeit mehr. Berichte über ein verspätetes Comeback beim FC Bayern wollte Löw nicht zu wichtig nehmen.
„Was ich von ärztlicher Seite weiß, lässt mich nicht unruhig schlafen. Ich weiß schon, dass der Manuel noch einige Wochen braucht, aber soweit im Zeitplan liegt und dass er im nächsten Jahr ins Training einsteigt“, sagte Löw.
Im Testspiel der Weltmeister-Auswahl am Freitagabend in Wembley gegen England fehlt Neuer, wie auch Boateng, der diesmal wegen muskulärer Probleme passen muss. „Wir haben gemeinsam entschieden, dass ich in London mal draußen bleibe, aber eher aus Vorsicht. Nicht, dass ich gleich wieder in die nächste Verletzung rein renne. Davon habe ich zuletzt wirklich genug gehabt.“ Der gebürtige Berliner hatte erst im Oktober in Nordirland (3:1) nach einem Jahr Zwangspause wieder im DFB-Trikot gespielt.
Boateng übte auch Kritik am Profigeschäft. „Man hat ja immer Druck, vom Verein, aber auch von sich selbst, und dann spielt man auch mal, wenn man eigentlich noch nicht spielen sollte. Ich habe gelernt, mir Pausen zu nehmen. Also nicht mehr zu sagen: Okay, ich bin jetzt seit einem Tag offiziell wieder fit, also los geht's - sondern eher zu sagen: Ich bin jetzt fit, und jetzt baue ich noch mal zwei Wochen auf, bevor ich wieder spiele. Zu schnell zu viel wollen: Das will ich nie mehr machen.“
Aus Boatengs Generation, die 2010 erstmals ein WM-Turnier in Südafrika spielte, stehen im aktuellen DFB-Kader noch Toni Kroos, Mesut Özil und Sami Khedira. Mario Gomez wurde nicht nominiert. Den WM-Konkurrenzkampf mit den jungen Nachrückern sieht Khedira aber gelassen. „Ich bin seit acht Jahren dabei und vom ersten Tag an bis heute haben sich die Fragen nie verändert. Ich kann auch immer die gleiche Antwort geben, das langweilt, ist aber so. Ich bin froh mit solchen tollen Konkurrenten zusammen zu sein, weil sie mich pushen. Das Ziel ist, die WM zu gewinnen. Da braucht man die besten Spieler auch in der Breite. Deswegen bin ich nicht unglücklich.“