Ernüchterung verdrängt Euphorie
Nach guter Vorbereitung droht die Fortuna den Anschluss an die Aufstiegsplätze zu verlieren. Vor allem wegen der schlechten Heimbilanz.
Düsseldorf. Drei Siege, vier Unentschieden und drei Niederlagen — Fortunas Heimbilanz in der laufenden Zweitliga-Saison ist nach 21 Spieltagen eines Aufstiegskandidaten unwürdig. Unmittelbar nach dem 2:3 am Freitag gegen den FC Erzgebirge Aue fand Mittelfeldspieler Michael Liendl deutliche Worte: „In unseren Heimspielen reicht häufig ein langer Ball und der Gegner kommt zum Torschuss. Ich möchte Erzgebirge Aue nicht zu nahe treten, aber wenn du solche Spiele nicht gewinnst, hast du da oben nichts verloren.“ Und damit war offensichtlich nicht ausschließlich das gerade beendete Heimspiel gemeint.
Der Österreicher war einer der wenigen Spieler in den Reihen der Mannschaft von Trainer Oliver Reck, der sich nach den 90 enttäuschenden Minuten den Fragen stellte. „Wenn du im eigenen Stadion so billig die Gegentore bekommst wie wir heute, dann kannst du kein Spiel gewinnen“, sagte der 29-Jährige. Viele in der mit nur 27 000 Zuschauern dünn besetzten Arena fühlten sich unweigerlich an den Dezember erinnert, als die Fortuna mit dem SV Sandhausen einen ähnlich biederen Gegner förmlich zum Toreschießen einlud und mit 1:3 verlor.
13 Punkte in zehn Heimspielen und 19 Zähler in elf Spielen auf fremden Plätzen hat die Fortuna bisher gesammelt. Am Freitag bestätigte sich einmal mehr der Trend der Hinrunde: Wenn die Rot-Weißen das Spiel machen müssen, hat Recks Mannschaft große Probleme. Daran konnte auch die Taktik des Trainers nichts ändern, der in Oliver Fink nur einen echten „Sechser“ aufstellte und so für mehr Druck im Angriffsspiel sorgen wollte.
Nach einer guten Vorbereitung, gekrönt durch das respektable 1:1 im Testspiel gegen Bundesligist Borussia Dortmund, ist von der Aufbruchstimmung bei der Fortuna nach zwei Pflichtspielen im Kalenderjahr 2015 bereits nicht mehr viel übrig. „Wer die erste Halbzeit so verschläft, muss sich nicht wundern, dass man als Verlierer vom Platz geht“, sagte ein bedienter Julian Schauerte.
Das 1:1 von Karlsruhe vor einer Woche durfte angesichts der Tatsache, dass die Fortuna bei einem Aufstiegskandidaten 50 Minuten in Unterzahl agierte, noch als positiv bewertet werden. Am Freitagabend war die Euphorie nicht nur bei den Zuschauern bereits wieder verflogen. Kapitän Adam Bodzek verschwand ohne viele Worte in der Kabine, die Gesichter von Schauerte und Liendl sprachen für sich. „Über 90 Minuten gesehen waren wir, das ist meine Meinung, trotzdem die bessere Mannschaft“, erklärte Michael Liendl. Eine Einschätzung, die bei weitem nicht jeder teilen wollte.
Das Fehlen des gesperrten Jonathan Tah in der Abwehr und des angeschlagenen Sergio Pinto als Taktgeber im Mittelfeld machte sich deutlich bemerkbar, wenngleich es von keinem Fortunen als Entschuldigung missbraucht wurde. „Jetzt müssen wir gegen Nürnberg das korrigieren, was wir heute in der zweiten Hälfte schon hätten korrigieren können“, sagte Reck und richtete den Blick bereits auf das nächste Heimspiel am kommenden Sonntag.
Bereits nach 21 Spieltagen von einer letzten Chance zu sprechen, wenn es um den Aufstieg geht, wäre falsch. Noch sind es „nur“ sechs Punkte Rückstand auf Platz zwei. Doch allzu viele Chancen wird die Fortuna in dieser Spielzeit wohl nicht mehr bekommen. Sie muss sich schnellstens steigern. Vor allem zu Hause.