125 Jahre Fortuna Sternzeichen Fahrstuhl

Düsseldorf · Fortuna Düsseldorf hat eine bewegte Geschichte. Seit dem ersten Bundesliga-Aufstieg 1966 wechselte der Klub 17 Mal die Liga.

Plakate wie dieses sind seit einigen Tagen in der Stadt zu sehen.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Wenn in rot und weiß gekleidete Menschen hin und wieder lieber die Treppe anstelle des Aufzugs nutzen, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass es sich um langjährige Fans von Fortuna Düsseldorf handelt. Zu groß und zu bedeutsam mag die Symbolik des Fahrstuhls in Bezug auf den Lieblingsverein sein. Zumindest nach unten geht der Fortune daher nicht selten lieber zu Fuß. Egal, ob es die erste oder vierte Etage (oder Liga) ist. Der „Arbeiterverein aus Flingern“ feiert am Dienstag Geburtstag. 125 Jahre Fortuna. Ein „Klassen-Ausflug“.

1) 1965/66 – erster Aufstieg in die Bundesliga

Als die Fußball-Bundesliga im Jahr 1963 ins Leben gerufen wird, kickt die Fortuna in der neu eingeführten Regionalliga. In den 16 Oberliga-Jahren zuvor deuten sich bereits Mut und Fähigkeit zum Tapetenwechsel an: Zwei Mal geht es in die Division II runter und anschließend wieder nach oben. 17 Tore von Mittelstürmer „Pitter“ Meyer und das Geschick von Trainer Kuno Klötzer lösen schließlich die erste Eintrittskarte zur Bundesliga. Ein Torverhältnis wie damals (79:22, +57) erreicht die Fortuna übrigens danach nie wieder.

2) 1966/67 – erster Abstieg in die Regionalliga

Mit einem Sieg bei Borussia Dortmund startet das Düsseldorfer Premierenjahr im Oberhaus vielversprechend. Die Mannschaft um Werner Biskup, Waldemar Gerhardt und Kult-Stürmer Meyer landet im weiteren Verlauf sogar einen Auswärtssieg beim FC Bayern. Doch eine Cinderella-Story wird die Saison nicht. Es geht direkt wieder eine Etage nach unten. Rückblickend könnte man da bereits von einem Muster sprechen, oder?

3) 1970/71 – zweiter Aufstieg in die Bundesliga

Trainer Heinz Lucas gelingt mit seinem Team über den „Umweg“ der Aufstiegsrunde die Rückkehr in die Beletage. In den Spielen gegen den 1. FC Nürnberg, FC St. Pauli, Borussia Neunkirchen und Wacker Berlin bleibt die Fortuna ungeschlagen. Es ist der Auftakt zur erfolgreichsten und schillerndsten Dekade der Vereinsgeschichte, gänzlich ohne Fahrstuhl. Dafür mit Dingen, die es danach nie mehr gab – zwei Pokalsiege und vier Jahre im Europapokal. Oder nur noch selten gab, wie Kontinuität auf dem Trainerstuhl oder einstellige Tabellenplätze.

4) 1986/87 – zweiter Abstieg in die 2. Bundesliga

16 Jahre gehört die Fortuna dem Oberhaus an, ehe es mit nur sieben Siegen und bemerkenswerten 91 Gegentoren – mehr kassierte danach kein Klub mehr – nach unten geht. Notenbester Spieler im Fachmagazin „Kicker“ ist dennoch Torhüter Rudolf Kargus. Grotesk? Oder eben typisch Fortuna. Der rot-weiße Fahrstuhl beginnt nun, häufiger die Richtung zu wechseln. . .

5) 1988/89 – dritter Aufstieg in die Bundesliga

Unter einem gewissen Aleksandar Ristic feiert Düsseldorf den dritten Bundesliga-Aufstieg. Die dabei nicht unwesentlich hilfreichen 35 Tore von Stürmer Sven Demandt bedeuten bis heute einen Fortuna-Saisonrekord. Fünf Minuten vor dem Ende des Spiels gegen Meppen (4:1) am vorletzten Spieltag stürmen die Fans den Platz und bejubeln ihre Aufsteiger. Auch Angreifer Michael Preetz genießt das Bad in der Menge – 23 Jahre später wird sein Empfinden anlässlich eines in Düsseldorf erlebten Platzsturms als Manager von Hertha BSC ein ganz anderes sein.

6) 1991/92 – dritter Abstieg in die 2. Bundesliga

Josef Hickersberger, Rolf Schafstall, Hans-Jürgen Gede und Horst Köppel. Im bislang einzigen Bundesligajahr mit 20 Mannschaften verschleißt der Klub vier Trainer und steigt ab. An 27 von 38 Spieltagen ist die Fortuna Tabellenschlusslicht. So auch am Saisonende. Wer behauptet also, bei Fortuna gäbe es keine Kontinuität? Miserable Einkaufspolitik, Intrigen und wachsende Finanzprobleme sind die Hauptgründe für jenes blamable Fortuna-Jahr.

7) 1992/93 – Abstieg in die Oberliga

„Ich brauche Zeit“, sagt Ristic zu Beginn seines zweiten Engagements. Dass es so viel Zeit werden würde, dachte sicherlich auch Präsident Jürgen Hauswald nicht: „Nachdem Aleksandar Ristic nicht mehr in Düsseldorf war, ging es hier permanent bergab. Jetzt hatten wir die Chance, ihn wieder zu holen.“ 46 Spieltage später steigen Ristic und die Fortuna ab. Frei nach dem Motto: Es muss erst noch schlechter werden, bevor alles besser wird.

8) 1993/94 – Aufstieg in die 2. Bundesliga

Tief gesunken startet die Fortuna einen Neubeginn in der dritthöchsten Spielklasse. Das Ristic-Team distanziert die Konkurrenz in der Oberliga-Nordrhein problemlos. Fünf Siege in sechs Partien der folgenden Aufstiegsrunde bringen den Verein zurück in den „bezahlten Fußball“. Zelebriert wird der Erfolg anschließend mit bosnischer Stepp-Einlage des Trainers und einer Bauchtänzerin in der Kabine. „Nie mehr Oberliga“ skandieren die Anhänger. Nun ja, nicht ganz richtig. . .

9) 1994/95 – vierter Aufstieg in die Bundesliga

Im vierten Jahr in Folge wechselt die Fortuna die Ligazugehörigkeit und schafft etwas bis dahin Einmaliges. Ristic wird nach dem Durchmarsch endgültig zu „König Aleks“. Doch erst am letzten Spieltag in Chemnitz (2:0) fällt die Entscheidung, begleitet von Platzsturm, Ausschreitungen und einem Beinahe-Abbruch. Ob der Chemnitzer auch so etwas wie „Halbangst“ kennt, ist nicht überliefert. Am Ende jedenfalls darf sich Ristics „Altherrentruppe“ um Petr Rada, Andrzej Buncol und Frank Mill feiern lassen.

10) 1996/97 – vierter Abstieg aus der Bundesliga

Mangelnde Trainingsbereitschaft bei Top-Einkauf Sergej Juran, offene Kritik an der Kader-Zusammenstellung von Routiniers wie Holger Fach, zahlreiche Verletzungen, die Entlassung von Trainer Ristic nach Krach mit Präsident Hauswald und Letzterer wirft schließlich das Handtuch. Eine Chaos-Saison endet fast schon folgerichtig mit dem Abstieg. Hätte die Fortuna so oft das gegnerische Tor getroffen wie in diesem Jahr öffentlich Konflikte ausgetragen wurden, der Gang in Liga zwei wäre vermeidbar gewesen.

11) 1998/99 – Abstieg in die Regionalliga

Gerade einmal zwei Heimsiege gelingen in jener Saison. Trainer Peter Neururer kann als Nachfolger für den glücklosen Klaus Allofs den Sturz in die Drittklassigkeit nicht mehr verhindern. Es ist die Zeit der Spieler wie Arnold Dybek, Ionel Pirvu und Nelson Pizarro. Und wieder einmal ist der Vorstand überfordert. Fortuna ist nicht mehr nur „launische Diva“, sie ist beim Abschied aus dem Profifußball Inbegriff eines Chaos-Vereins.

12) 2001/02 – Abstieg in die Oberliga

Rettete ein Jahr zuvor ein verspätet eingegangenes Fax des SV Wilhelmshaven den  Verbleib der sportlich abgestiegenen Fortuna in der Regionalliga, konnten zum Abschied aus der altehrwürdigen Betonschüssel Rheinstadion keine höheren Mächte – oder Peinlichkeiten anderer Klubs – mehr helfen. Der einst stolze Bundesliga-Klub ist ganz unten angekommen. Adler Osterfeld statt Schalke, Düren statt Mönchengladbach. Die Leiden der jungen und alten Fortunen nehmen neue Ausmaße an.

13) 2003/04 – Aufstieg in die Regionalliga

„Nie mehr Oberliga“ hallt es an einem verregneten Aprilabend durch das Paul-Janes-Stadion in Flingern. Ausgerechnet ein 0:0 gegen Bayer Leverkusen II ist es, das der Mannschaft um den mitunter eigenwilligen Trainer Massimo Morales nach zwei Jahren voller Auswärtstouren in Radausflug-Distanz die Rückkehr in die fußballerischer Bedeutsamkeit beschert. Am Saisonende steigt der Klub nur als Tabellenzweiter auf, weil die SSVg Velbert keine Lizenz beantragt. Passt mal wieder zur Fortuna.

14) 2008/09 – zweiter Aufstieg in die 2. Bundesliga

Ein völlig verrücktes 5:5 in Braunschweig, das wichtige 2:1 von Deniz Kadah in Aalen und die gekonnte Torschuss-Flanke von Marco Christ am letzten Spieltag gegen Bremen II  – die Schlussphase der ersten Saison in der im Sommer zuvor eingeführten eingleisigen 3. Liga erhöht den Baldrian-Absatz in Düsseldorfer Apotheken. 50 095 Aufstiegszeugen in der Arena stellen nebenbei einen Zuschauerrekord für eine dritte Liga auf.

15) 2011/12 – fünfter Aufstieg in die Bundesliga

Trainerlegende Otto Rehhagel fühlt sich an den 2. Weltkrieg zurückerinnert, Hertha-Manager Michael Preetz ruft alle Gerichte dieser Welt an. Und doch bleibt es dabei: Berlin steigt ab, Fortuna auf. Das Relegations-Rückspiel von 2012 wird außerhalb von Düsseldorf wahrscheinlich ewig als „Skandalspiel“ in Erinnerung bleiben. Unvergessen, obwohl zum Vergessen, die im Nachgang von Moderator Johannes B. Kerner im Fernsehen gezeigte Pyrotechnik-Demonstration: „Dann steht das Kind in Flammen“.

16) 2012/13 – fünfter Abstieg aus der Bundesliga

Neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz am Ende der Hinrunde. Doch dann gelingt fast nichts mehr. Neben der eigenen schwachen Rückrunde brockt eine völlig desolate Schlussviertelstunde von Borussia Dortmund gegen Hoffenheim der in Hannover unterlegenen Mannschaft von Trainer Norbert Meier den direkten Abstieg ein. In Hannover bejubeln die mitgereisten Fans erst noch das 2:2 des BVB, das ihren Klub in die Relegation bringen würde. Doch der Treffer zählt nicht. 33 Spieltage lang stand die Fortuna nicht auf einem Abstiegsplatz. Es ist eine neue Form der Fortuna-Tragik. . .

17) 2017/18 – sechster Aufstieg in die Bundesliga

Rouwen Hennings‘ Schuss und Kaan Ayhans Kopf sorgen für große Gänsehaut-Momente. In Dresden glückt durch ein 2:1 der sechste Bundesliga-Aufstieg, in Nürnberg holt sich die Mannschaft des Aufstiegs-Spezialagenten Friedhelm Funkel sogar noch die „Meisterfelge“. Eine Rückkehr ins Oberhaus, mit allem, was dazu gehört. Vor allem aber mit Emotionen. Davon lebt der Verein. Seit nunmehr 125 Jahren. Der Fortuna-Fahrstuhl hat angehalten. Ganz oben.