Debatte über Auftaktspiel der Handball-EM in Düsseldorf Warum nicht jeder über den Weltrekord in Fortunas Arena glücklich ist

Düsseldorf · Am 10. Januar findet die Auftaktpartie der Handball-EM in Düsseldorf statt. Das freut aber nicht jeden.

Wo normalerweise Fußballspiele und Konzerte stattfinden, wird am 10. Januar die Handball-EM eröffnet: In der Multifunktionsarena in Stockum.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Fortunas Heimstätte wird in der kommenden Woche Gesprächsstoff in der ganzen Sportwelt sein. Zwar ist die Arena im Stadtteil Stockum Fußball- und Konzertfans ohnehin bereits weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt – am 10. Januar kommt aber noch einmal ein ganz neuer Aspekt hinzu. Denn in der Arena wird ein Weltrekord aufgestellt: Beim Auftaktspiel der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen die Schweiz (20.45 Uhr) werden mehr als 50 000 Zuschauer auf den Rängen sein, und das gab es in dieser Sportart noch nie.

Der Schweizer Handball-Nationalspieler Andy Schmid hätte sich für das Spiel gegen Gastgeber Deutschland allerdings einen anderen Rahmen gewünscht – und mäkelt entsprechend an dem Weltrekord-Tag herum. „Ich hätte lieber gegen Deutschland in einer normalen Halle gespielt. Ich glaube, in diesem Fußballstadion verliert der Handball so ein bisschen an seiner Essenz“, sagte der langjährige Bundesligaprofi der Rhein-Neckar Löwen im Podcast „Hand aufs Harz“.

Gleichzeitig bezeichnete Schmid es zwar als „mega“, dass der Handball-Sport solch eine Bühne bekomme. Aber: „Es ist alles so gigantisch“, sagte der 40-Jährige, der seine Karriere inzwischen in der Heimat beim HC Kriens-Luzern ausklingen lässt und bei der EM sein letztes Großturnier spielen wird.

Der frühere Vizepräsident des Deutschen Handballbundes, Bob Hanning, hält es dagegen für richtig, dass die Partie im Düsseldorfer Fußballstadion stattfindet. Gleichzeitig hofft der auch als TV-Experte bekannt gewordene Hanning, dass es ein „einmaliges Projekt“ bleibt. „Völlig richtige Entscheidung. Es sorgt für unglaubliche mediale Aufmerksamkeit. Das kannst du mal für ein Spiel machen, aber dann soll es das auch sein“, sagte der 55-Jährige beim Streamingdienst Dyn.

Der Idee, dass künftig mehr Handballspiele in großen Stadien ausgetragen werden könnten, kann Hanning nichts abgewinnen. „Völliger Nonsens. Weil das hat nichts mit Handballspielen zu tun. Handball gehört in die Hallen und dahin, wo die Stimmung gelebt wird von den Rängen und von den Fans“, sagte der Geschäftsführer von Bundesligist Füchse Berlin.

So weit liegen Hanning und der Schweizer Schmid unterm Strich dann also gar nicht auseinander. Schmid, der fünfmal zum wertvollsten Spieler der Bundesliga-Saison gewählt worden war, liefert noch eine konkrete Erklärung für seine kritische Haltung. Er weiß nämlich, wie es sich anfühlt, in großen Arenen Handball zu spielen.

„Ich habe das 2014 erlebt mit den Löwen gegen Hamburg in der Fußballarena in Frankfurt. Für uns war es damals so: Handball lebt von der Emotion und von den Zuschauern. Die Resonanz des Publikums trat aber erst ein, zwei Sekunden später bei uns ein. Das ist das Schwierige“, sagte Schmid.

Sportlich erwartet der Schweizer im Nachbarschaftsduell mit dem DHB-Team ein offenes Spiel. „Wir können gegen Deutschland gewinnen. Da bin ich 100 Prozent überzeugt, aber wir können auch eine Rutsche kriegen“, sagte der 40-Jährige, der Deutschland als Top-Team hinter den überragenden Handball-Nationen Schweden, Frankreich und Dänemark sieht.

Der bisherige Zuschauer-Weltrekord für Handballspiele datiert übrigens aus dem Jahr 2014, als 44 189 Fans die Partie zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem HSV Hamburg beim Tag des Handballs in der Frankfurter Arena sahen. Fortunas Heimstätte wird bei der EM ausschließlich am 10. Januar zum Auftakt genutzt. Die weiteren deutschen Gruppenspiele gegen Nordmazedonien (14. Januar) und Frankreich (16. Januar) finden in Berlin statt, in der Hauptrunde würde es für das Team von Bundestrainer Alfred Gislason nach Köln gehen. Die ersten zwei Teams der Gruppe erreichen die Hauptrunde. mit dpa

(jol/dpa)