Gegner-Check: Düwel — der neue Hauptmann von Köpenick

Der Trainer von Union soll den Umbruch stemmen. Langsam scheint es zu gelingen.

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Düsseldorf. „Wer bringt das Bier?“, brüllte Innenverteidiger Toni Leistner am Dienstag durch die Kabine des 1. FC Union Berlin. Die Stimmung war bestens, nachdem die „Eisernen“ den Tabellen-Zweiten Karlsruher SC mit 2:0 besiegt hatten. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie auch mit Top-Teams auf Augenhöhe sein kann. Ein solcher Erfolg erzeugt natürlich ein großartiges Hochgefühl. Allerdings befinden wir uns nach wie vor im Abstiegskampf. Und so lange wir dort dabei sind, zählt weiter jeder Punkt“, sagte Trainer Norbert Düwel.

Der 46-Jährige scheint nach langem Anlauf endlich einen Weg gefunden zu haben, Union zu stabilisieren. Zehn Punkte holten die Köpenicker aus den vergangenen vier Spielen, kletterten auf Platz zehn und könnten mit einem Sieg in Düsseldorf bis auf einen Punkt an die Fortuna heranrücken.

Danach sah es vor wenigen Wochen noch nicht im Entferntesten aus. Mit fünf sieglosen Partien war Union gestartet, stand nach neun Spieltagen gar auf dem letzten Platz — Düwel wiederum vor dem Aus. Bei der Aufgabe, als Nachfolger des sieben Jahre im Amt tätigen Uwe Neuhaus den notwendigen Kader-Umbruch zu stemmen, schien Düwel früh zu scheitern.

So gab es gar „Düwel raus“-Rufe im Stadion an der alten Försterei. Für Union-Verhältnisse fast schon eine Revolution. Nach einer enttäuschenden Rückrunde hatte sich der Verein zu einem Neuaufbau entschieden. Ohne Neuhaus und ohne langjährige Stützen der allerdings in die Jahre gekommenen Mannschaft.

So erhielten Jan Glinker, Marc Pfertzel, Christian Stuff, Patrick Kohlmann und auch Simon Terodde keinen neuen Vertrag mehr. In Norbert Düwel sollte bei Personal und Spielphilosophie frischer Wind in die Wuhlheide kommen. Doch der blies dem Altöttinger auf seiner ersten Station im Profi-Fußball zunächst selber kräftig ins Gesicht.

Mit wechselnden Taktiken überforderte der Trainer seine Spieler. Durch ständig geänderte Aufstellungen verhinderte er die Automatismen, die einer neu zusammengestellten Mannschaft Sicherheit geben. Zudem zeigte sich Düwel wenig sensibel, was den speziellen Charakter von Union Berlin betrifft. Ende August demontierte er Club-Ikone Torsten Mattuschka, um in der Krise seine eigene Position zu stärken. Eine Machtdemonstration, die ihn bei den Fans unter Bewährung arbeiten lässt.

Dabei zählen nur Erfolge, und dazu verhilft ihm aktuell besonders Sebastian Polter. Gegen den KSC bereitete die 23 Jahre alte Leihgabe des FSV Mainz 05 das 1:0 vor und traf zum 2:0 selbst. Polter muss im Sommer wieder gehen, Düwel will bleiben. Im Moment hat er dafür gute Karten. Doch das Eis ist dünn.