Kann Oliver Reck auch dauerhaft Chef sein?
Oliver Reck ist in Düsseldorf als Interimstrainer extrem erfolgreich.
Düsseldorf. Im Sommer 2012 hatten sie ihm drei Spiele Zeit gegeben. Null Punkte und 2:9-Tore standen danach für den MSV Duisburg in der 2. Fußball-Bundesliga zu Buche. Und Oliver Reck, den der Club zehn Monate zuvor vom Torwart- zum Interimstrainer und dann noch zum Cheftrainer gemacht hatte, weil Geld für einen anderen fehlte, musste wieder gehen. Obwohl er den MSV in der Vorsaison vor dem Abstieg gerettet hatte.
Reck trug damals am Spielfeldrand einen dunkelblauen Kapuzen-Pullover mit dem MSV-Logo, jetzt, fast zwei Jahre später, trägt er stets einen feuerroten. Die Situation ist irgendwie wie damals: Erst Torwarttrainer, dann Interimstrainer — und bald wieder Chef?
Die Düsseldorfer Entwicklung dieser Tage gehört zu den eigenwilligsten des deutschen Fußballs. Weil Lorenz-Günther Köstner seit Wochen krank (Wirbelblockade im Nacken und Viruserkrankung) und Oliver Reck als dessen Vertreter erfolgreich ist. Zu erfolgreich?
In sieben Spielen trug der Ex-Bundesliga-Torhüter — 471 Einsätze für Werder Bremen und den FC Schalke 04 — bis dato die Verantwortung. Fortunas Ergebnis: Sechs Siege — und ein 2:3 gegen den Zweitliga-Meister Köln. Teilweise durchaus begeisternder Offensivfußball, der sich — und das ist ein wesentlicher Grund für die neue Würdigung Recks — vom Sicherheitsfußball Köstners unterscheidet.
Kaum einer glaubt mehr, dass Köstner, der offiziell bis zum 1. Mai krankgeschrieben ist, in dieser Saison noch einmal zurückkehrt. Hinter vorgehaltener Hand spricht man von einer Entscheidung im Mai. Doch wäre ein Entschluss gegen Köstner automatisch einer für Reck?
Als der 49-Jährige gestern vom Trainingsplatz kommt, warten die Journalisten wieder auf ihn. Sie wollen ein Bekenntnis hören, vielleicht eine Forderung. 18 Punkte machen ein breites Kreuz, aber eben doch kein loses Mundwerk. Reck mauert, aber er weiß sich auch in Szene zu setzen. Der Mann, der eigentlich Köstner assistiert, ist in diesen Tagen irgendwie ein ständiger Widerspruch.
Die Krankheit von Köstner? „Es gibt keinen neuen Stand. Das zu bewerten, ist Sache des Vereins. In bin bei Fortuna angestellt und tue mein Bestmögliches für den Verein“, sagt Reck. „Mehr als das, was ich jetzt mache, kann man nicht investieren.“
Er fordert, er motiviert, er stellt Spieler auf die richtigen Positionen, er stärkt einem Akteur wie Tobias Levels, der gerade erfahren hat, dass er gehen muss, öffentlich den Rücken. Er macht alles richtig in diesen Tagen, das Leben kann so leicht sein, wenn es läuft. Aber irgendwann wird er vielleicht wieder alles falsch machen. Vielleicht schon morgen. Er weiß das.
Reck ist Realist. Er hat schon oft gekämpft. Gegen den „Pannen-Olli“, den viele nicht für gut genug hielten, kämpfte er mit Titeln an. Auf Schalke tat er Assistenten- und Interimsdienste, fast immer war er erfolgreich — aber auch kurz im Amt, weil andere kamen. In Duisburg kämpfte er sich hinein in die Verantwortung. Aber immer blieb auch der Zweifel: Kann der Reck das wirklich? „Es gibt keine Heldenverehrung. Ich bin so lange in diesem Geschäft. Ich freue mich über den Applaus“, sagt er und verzieht fast keine Mine, niemand soll interpretieren können. „Aber ich weiß auch, dass es in die andere Richtung nicht so weit entfernt ist.“
Was er macht, ist geschickt. Kein Wort, das die Oberen ärgern dürfte. Und doch vermarktet er sich. Unterschwellig. Nach dem 4:0 gegen Aue lief er eine halbe Ehrenrunde, winkte. „Ich wollte mich nur bedanken bei den Fans, die uns so unterstützen. Mich interessiert nur die Fortuna, denn ich habe noch einen Vertrag bis Juni 2015.“ Er sagt nicht: Als Torwarttrainer. Er sagt stattdessen: „Irgendwelche Angebote hat es nicht gegeben.“
Reck weiß, was Fans hören wollen. Er verwöhnt einen Club, der lange darbte. Er gewinnt jede Woche mehr Profil. Aber er benötigt das auch — wegen der Zweifler. Reck hatte eigentlich nie eine Chance, aber er scheint sie zu nutzen. Er bedient sogar Emotionen. „Als ich den Film über Fortunas Legenden gesehen habe“, sagt er, „bekam ich eine Gänsehaut und habe gedacht: Es gibt doch nichts Schöneres, als eines Tages ein kleiner Teil eines solchen Films zu sein.“
Fast nach jeder Trainingseinheit telefoniert er mit Mike Büskens. Sein Vorgänger ist „sein Freund“. Er sagt: „Mehr muss man nicht sagen.“ Er muss nur noch mehr punkten. Sie haben ihm schon einmal nicht zugetraut, der Chef zu sein. In Düsseldorf, in der Winterpause, als er drei Spiele lang nach Büskens Chef war. Ehe Köstner kam.