Seel: Das Tor war ein Geistesblitz
Historie: Vor 30 Jahren hat die Fortuna den DFB-Pokal geholt.
Düsseldorf. Fünf Mal stand Fortuna Düsseldorf vor diesem legendären 23.Juni 1979 bereits in einem deutschen Pokalfinale. Und fünf Mal gingen die Spieler dabei als Verlierer vom Platz. Da passte es ins Bild, dass nur rund fünf Wochen vor der sechsten Teilnahme an einem DFB-Pokal-Endspiel das denkwürdige Europapokal-Finale gegen den FC Barcelona in Basel nach Verlängerung mit 3:4 verloren ging. Fortuna als ewiger Zweiter?
Irgendwann, so waren sich die treuen Anhänger sicher, würde sich das Blatt schon wenden. Und so machten sie sich auch an jenem Samstag wieder voller Hoffnung auf den Weg. Die Autobahn A2 Richtung Hannover glich einem Meer aus rot-weißen Fahnen. Zwar war der Gegner Hertha BSC Berlin, der pikanterweise vom ehemaligen Fortuna-Coach Kuno Klötzer trainiert wurde, vor 56000 Zuschauern im ausverkauften Niedersachsenstadion leicht favorisiert. Doch spätestens in der 14. Minute glaubten die Fortuna-Fans daran, dass dies heute ihr Tag werden würde.
"Er hätte sich die Ecke aussuchen können", sagt der damalige Torhüter Jörg Daniel rückblickend zu der Situation, in der Hertha-Stürmer Jürgen Milewski die "alte Dame" hätte in Führung bringen können. Doch der Angreifer der Berliner schob den Ball freistehend am linken Pfosten vorbei. Es war der Moment, in dem sich das Schicksal 46 Jahre nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft endlich wieder auf die Seite der Fortuna schlug: Fünf Minuten vor Ende der Verlängerung will Herthas Verteidiger Uwe Kliemann den Ball zu seinem Torwart Norbert Nigbur zurück spielen. Doch der Pass des "Funkturms" gerät zu kurz. Hellwach sprintet Wolfgang Seel in die Rückgabe, erreicht die Kugel im letzten Moment und kann sie im Fallen noch gerade so zum alles entscheidenden 1:0 ins Tor schlenzen.
Was für ein Kunstschuss aus unmöglich spitzem Winkel. So spitz, dass die Zuschauer an den TV-Geräten völlig unvermittelt den Ball ins Bild kommen sahen, aber überhaupt nicht wussten, woher er kam. "Es war einfach ein Geistesblitz. Hundertmal bin ich bei solch einer Situation umsonst gelaufen, aber damals eben nicht", erinnert sich der Saarländer Wolfgang Seel, der in dieser Woche seinen 65. Geburtstag feiert.
Auf den Rängen des Niedersachsenstadions lagen sich die Fans freudetrunken in den Armen, in der Düsseldorfer Altstadt tanzten wildfremde Menschen zusammen durch die Gassen. Getrocknet waren die Tränen der bitteren Niederlagen, stattdessen floss das Altbier in Strömen. Endlich hatte Fortuna das Verlierer-Image abgelegt.