Wettskandal: Angeblich weitere Spiele manipuliert
Bochum (dpa) - In Europa sollen allein in den vergangenen fünf Monaten weitere 70 bis 100 Fußballspiele manipuliert worden sein. Diese Zahl wurde im Bochumer Wettskandal-Prozess bekannt.
Sie beruht auf Auswertungen von Carsten Koerl, Geschäftsführer der privaten Wettüberwachungs-Firma „sportradar“, die unter anderem Verträge mit den Fußball-Verbänden DFB, UEFA und FIFA abgeschlossen hat. „Wir gehen davon aus, dass diese Spiele manipuliert worden sind“, sagte Koerl. Um welche Ligen es sich handelt, wurde nicht bekannt.
Bei einer Gesamtzahl von rund 15 000 Spielen in fünf Monaten bewege sich die Zahl allerdings im Promillebereich. Die Auswertung beruhe auf Millionen von Daten und einer Nonstop-Beobachtung der Sport- und Wettszene. Die Ergebnisse würden in einem Frühwarnsystem zusammengetragen und Partnern und Kunden zur Verfügung gestellt. Nach Einschätzung von „sportradar“ habe es bereits in mindestens 24 europäischen Ländern manipulierte Fußballspiele gegeben. In 90 Prozent der Fälle hätte das Unternehmen den Ausgang sogar vorhersagen können.
„Wir sehen Bewegungen, die durch nichts zu rechtfertigen sind“, sagte Koerl. Wenn sich eine Wettquote ohne ersichtlichen Grund verändere, sei dies ein eindeutiges Zeichen dafür, dass etwas nicht stimme. Der Einsatz hoher Summen habe allerdings nicht immer nur das Ziel, Gewinne zu erlangen. Teilweise würden relativ sichere Fußballwetten auch dazu benutzt, Schwarzgeld zu waschen.
Insgesamt würden in Deutschland pro Jahr vier Milliarden Euro auf Sportwetten gesetzt. Die nationalen Anbieter spielten dabei allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle. Die meisten Wetten würden bei europäischen oder asiatischen Buchmachern platziert oder online gespielt. Die weitere Entwicklung sei nicht abzusehen. Die Null-Toleranz-Politik gegenüber bestechlichen Spielern und Schiedsrichtern sei der richtige Weg. „Deutschland ist in Sachen Prävention federführend“, sagte Koerl den Richtern.
Im Prozess vor dem Bochumer Landgericht müssen sich seit Anfang Oktober 2010 vier mutmaßliche Wettbetrüger verantworten, die in die Manipulation von über 30 Fußballspielen verstrickt sein sollen. Zwei der Angeklagten müssen mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen. Der Prozess wird an diesem Donnerstag mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt.