3. Liga Publikumsliebling außer Dienst
Krefeld · Man muss zunächst einen kleinen Rückblick wagen, um die Geschichte von Robin Udegbe besser zu verstehen. Anfang des Jahres 2019 sitzt er im Café der Duisburger Rhein-Ruhr-Klinik. Der Arm, sein wichtigstes Körperteil für ihn als Torwart, in eine Schlinge gelegt.
Gleich wird er drüben im Athletikum um die Ecke die nächsten Übungen in der Reha machen, doch zuvor nimmt er sich noch ein paar Minuten für ein Gespräch mit der WZ. „Das habe ich mir ganz anders vorgestellt“, sagte Udegbe damals.
Nur ein Spiel bestritt Udegbe
im Niederheinpokal
Seine Geschichte, die Rückkehr zum KFC Uerdingen, begann also mit einem traurigen Kapitel. „Ich würde dem Team jetzt gerne helfen“, sagte er weiter. Doch die Bizepssehne war gerissen, nachdem ihm die Schulter im Training gleich beim neuen Klub ausgekugelt war. Udegbe musste warten und sehen, wie sich die Dinge um ihn herum veränderten, ohne dass er Einfluss nehmen konnte. Er fiel mehrere Monate nach der Operation aus.
Ex-Trainer Heiko Vogel sortierte Stammtorwart René Vollath aus, doch Udegbe profitierte davon nicht. Es kam als neue Nummer eins der Österreicher Lukas Königshofer. Mit der Rolle des geduldigen Herausforderers musste sich Udegbe fortan begnügen. Vollath kehrte in die Mannschaft zurück – Udegbe durfte ab April nicht mehr mit der Mannschaft trainieren, als der KFC in Kleingruppen arbeitete, genauso wie Khalil Mohammad und Selim Gündüz. 75 Minuten, das ist die Spielzeit, die der heute 29-Jährige für seinen erklärten Herzensklub aus Uerdingen in der vergangenen Saison zwischen den Pfosten stehen durfte – beim 7:1-Sieg im Niederrheinpokal gegen den SV Budberg. Eher eine Spielpraxis-Maßnahme, eine kleine Belohnung für die Geduld und professionelle Einstellung als zweiter Mann, aber weniger eine echte Prüfung. Sein letztes Pflichtspiel über 90 Minuten ist lange her: Am 8. Dezember 2018 kassierte er im Trikot von Rot-Weiß Oberhausen zwei Gegentore gegen Alemannia Aachen. Endstand: 2:2. Dann ging es im Winter nach Uerdingen.
Udegbe, das war bei seinem ersten Aufenthalt in Krefeld zwischen 2013 und 2015 der Kopf und Publikumsliebling der Uerdinger. Heute, im Sommer 2020 muss man konstatieren: Er ist ein Publikumsliebling außer Dienst.
Seit der Corona-Zeit gehörte er nicht mehr zur Trainingsgruppe
Sein Vertrag läuft zwar noch bis zum nächsten Sommer, doch stehen die Zeichen schlecht für ihn. Seit der Corona-Zeit gehörte er nicht mehr zur Trainingsgruppe, blieb außen vor. Mit der Presse darf er derzeit nicht sprechen, dabei hätte Udegbe, ein schlauer und reflektierter Mann, der den Blick immer über den Tellerrand des Spielfeldes hinaus geworfen hat und die Fußballbranche auch aus ganz anderen Perspektiven betrachtet, viel zu erzählen. Robin Udegbe ist nämlich nicht nur ein Torwart in seiner Profession. Als Psychologe – sein Studium absolvierte er an der Fachhochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort – betreut er seit einem Jahr verschiedene Spieler von der Bundes- bis in die Regionalliga als Mentaltrainer. Eine Facette des Sports, die im Profibetrieb Fußball immer noch etwas belächelt wird – wie aus Gedanken Taten folgen oder Zögern, wie Erfolg und Misserfolg zusammenhängen. „Die Spieler haben begriffen, dass der Erfolg im Kopf beginnt“, sagte er im März in einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland über seine Klienten. Persönlichkeitsentwicklung, Analysen über Glaubenssätze, „die unser Denken einschränken“, aber auch, wie Druck und Versagensängst auf einen Spieler wirken, wie krasse Leistungsschwankungen passieren.
Für Udegbe ist der KFC immer noch sein „Herzensverein“
All das hat Udegbe untersucht, wie auch eine Forschungsarbeit zum Thema „Auswirkungen von Aberglaube auf die Leistung im Sport.“ Trotz der Rückschläge nannte der gebürtige Kieler Udegbe den KFC immer noch seinen „Herzensverein.“ Dass die Liebe des Vereins zu ihm zuletzt abgekühlt ist, war zu sehen. Seine Zukunft beim KFC scheint offener denn je.